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Referendum über Atomkraftwerk gescheitert

27. Januar 2013

Es war die erste Volksbefragung nach dem Kommunismus. Doch die Mehrheit der Bulgaren stimmte nicht ab. Jetzt muss das Parlament über den Bau eines neuen AKW entscheiden.

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Zwei Händer halten den Stimmzettel für das Referendum (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Das erste demokratische Referendum in Bulgarien über den Bau eines neuen Atomkraftwerks ist offenbar gescheitert. Zwei Nachwahl-Befragungen ergaben nur eine Beteiligung von 20 Prozent. Das ist lediglich ein Drittel der 60-Prozent-Beteiligung, die für die Gültigkeit des Referendums nötig gewesen wäre.  

Insgesamt 6,9 Millionen Wahlberechtigte waren aufgerufen, sich zu der Frage zu äußern, ob  "Bulgarien die Atomenergie durch den Bau eines neuen Kernkraftwerks weiterentwickeln" solle. Konkret ging es in dem Referendum um die Zukunft des Kernkraftwerks bei Belene an der Donau.

Die konservative Regierung hatte das bulgarisch-russische Milliardenprojekt 2012 aus Kostengründen beim russischen Lieferanten Atomstroiexpoert storniert. Der Endpreis von fast 11 Milliarden Euro war für das ärmste Land der EU untragbar hoch geworden. Daraufhin hatte Atomstroiexport eine Schadensersatzklage in Höhe von einer Milliarde Euro beim internationalen Schiedsgerichtshof eingereicht.

Sozialisten sehen Etappensieg

Die oppositionellen Sozialisten, die das Projekt gestartet hatten, wollen es fortsetzen und hatten deshalb das Referendum auf den Weg gebracht. Sie versprechen sich von dem Bau eine Belebung der bulgarischen Wirtschaft etwa durch den Verkauf von Strom.

Von den Teilnehmern des Referendums stimmten laut den Prognosen bis zu 62 Prozent für den neuen Meiler bei Belene, 38 Prozent dagegen. Trotz der geringen Beteiligung sprachen die Sozialisten von einem Etappensieg. Nun müssten die Institutionen neu über das Projekt entscheiden, sagte Sozialisten-Chef Sergej Stanischew. Das Ergebnis sei eine "persönliche Niederlage und ein Misstrauensvotum" für Regierungschef Bojko Borissow.

Der Reaktor Nr. V des 200 Kilometer nördlich der bulgarischen Hauptstadt Sofia liegenden Atomkraftwerks "Kosloduj" (Foto: dpa)
Hier will die Regierung bauen - Das AKW KoslodujBild: picture-alliance/dpa

Regierung verfolgt eigenes Projekt

Das sieht die Regierung anders. Das Referendum sei nicht gegen oder für Borissow, erklärte Innenminister Zwetan Zwetanow. Vielmehr hätten die knapp 80 Prozent der Wähler, die nicht an dem Referendum teilgenommen hätten, eigentlich mit Nein gestimmt. Zwetanow machte die Sozialisten dafür verantwortlich, dass umgerechnet zehn Millionen Euro für das Referendum verschwendet worden seien.

Die amtierende konservative Regierung ist nicht gegen die Atomkraft, verfolgt aber ein eigenes Projekt. Sie präferiert den Bau eines neuen Kraftwerksblocks in der noch aus kommunistischer Zeit stammenden Anlage in Kosloduj. Dort sind derzeit zwei 1000-Megawatt-Meiler in Betrieb. Vier kleinere Reaktoren wurden auf Druck Brüssels vor dem EU-Beitritt Bulgariens 2007 geschlossen.

gmf/haz ( afp, dpa)