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Referendum trotz Warnungen

13. Februar 2012

Trotz aller Widerstände wollen vier serbische Gemeinden in Nord-Kosovo in einem Referendum zeigen, wie sehr sie die serbische Regierung in Belgrad unterstützen - in dem sie die Führung in Pristina ablehnen.

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"Serbische Stadt" steht auf dem Schild der kosovarischen Stadt Mitrovia (Quelle: EPA/GEORGI LICOVSKI EPA/GEORGI LICOVSKI)
Bild: picture alliance/dpa

Kaum zwei Wochen im Dienst, hat der neue Kosovo-Sonderbeauftragte der EU, Samuel Zbogar, bereits alle Hände voll zu tun: Trotz aller Appelle aus Belgrad, Warnungen aus Pristina und Erklärungen aus Brüssel wollen vier Kosovo-Gemeinden, in denen die Serben die Mehrheit der Bevölkerung stellen, ihre Bewohner am Dienstag und Mittwoch (14.-15.02.2012) abstimmen lassen, ob sie die Regierung in Pristina anerkennen. Wahlberechtigt sind 35.500 Personen.

Milan Ivanovic, einer der Anführer der Kosovo-Serben und Präsident des Serbischen Nationalrates Nord-Kosovos, ist fest davon überzeugt, dass das Referendum rechtens sei. Die serbische Führung in Belgrad sei nur dagegen, weil sie im Wahlkampf politisch punkten wolle. "Sie wollen sich nur den EU-Kandidatenstatus sichern und mit dem Erhalt des Status auch an der Macht bleiben", argumentiert Ivanovic.

Referendum um jeden Preis?

Nicht alle Kosovo-Serben teilen Ivanovics Meinung. Zu den Referendums-Gegnern zählt der Bürgermeister von Leposavic, Branko Ninic, Mitglied der Demokratischen Partei des serbischen Präsidenten Boris Tadic. "Dieser Volksentscheid ist überflüssig, weil die Bürger im Norden Kosovos bereits klar und deutlich sagten, dass sie die Integration in Pristinas Institutionen verweigern würden." Auf die Abstimmung sollte außerdem auch deswegen verzichtet werden, weil sie - wie von Vertretern Serbiens bereits betont wurde - die Interessen Serbiens gefährden könnte. "Und Serbien ist der einzige Staat, den wir haben“, so Ninic.

Kosovo: Der vergessene Einsatz

Am 17. Februar 2008 rief das Kosovo seine Unabhängigkeit aus. Seitdem wurde die ehemalige serbische Provinz von 86 UN-Mitgliedstaaten anerkannt, darunter auch von 22 der 27 EU-Mitglieder. Serbien sieht das Kosovo weiterhin als seine autonome Provinz an und wird dabei auch von Russland und China unterstützt. Das erschwert nicht nur die diplomatischen Bemühungen Pristinas, in die UNO aufgenommen zu werden, sondern auch das normale Leben in diesem Teil Südosteuropas erheblich.

Der Belgrader Politik-Experte Dusan Janjic sieht die Entscheidung der vier serbischen Kosovo-Gemeinden als eine weitere Radikalisierung der dortigen Verhältnisse, die schwerwiegende Folgen nach sich ziehen. "Erstens, könnte die EU-Kandidatur Serbiens erschwert werden." Zweitens werde dadurch deutlich gemacht, dass Boris Tadic und seine Demokratische Partei keinen Einfluss auf die Prozesse im Norden Kosovos ausüben können. "Und drittens, das Kosovo wird so in Serbien zum Wahlkampfthema, mit dem die regierende Koalition nur verlieren kann“, meint der Experte.

Chancen nicht verpassen

Die Verhandlungen zwischen Belgrad und Pristina über bilaterale Fragen technischer Art, z.B. die gegenseitige Anerkennung akademischer Titel oder die Teilnahme Kosovos an regionalen Konferenzen, sind ins Stocken geraten. Der Dialog wurde ohnehin erst nach starkem Druck aus Brüssel fortgesetzt, nachdem auch Kanzlerin Merkel mit Boris Tadic im August in Belgrad über die Angelegenheit reden musste. Der Fortschritt in diesen Verhandlungen wird als eine wichtige Voraussetzung für den EU-Kandidatenstatus Serbiens gesehen. Die bisherige Entwicklung ist aber unzureichend, zumal die kosovarischen Serben wochenlang die Grenzübergänge nach Serbien blockierten und es im Nord-Kosovo immer wieder zu Ausschreitungen kam.

Kosovo-Beauftragter der EU Samuel Zbogar (Quelle: AP Photo/Alexander Zemlianichenko)
Zbogar: Alle Seiten sind an einer Lösung interessiertBild: AP

Beim Treffen der EU-Außenminister Ende Februar steht auch die Annäherung Serbiens an die EU wieder zur Diskussion. Eine Chance, die sich Belgrad, aber auch Pristina nicht entgehen lassen sollten. So klingt zumindest die Botschaft des neuen EU-Sonderbeauftragten für Kosovo, Samuel Zbogar: "Die EU-Mitglieder wollen tatsächlich, dass Serbien den Kandidatenstatus bekommt." Serbien habe viel erreicht und daher hätten die Mitgliedstaaten das Gefühl, dass Serbien den Kandidatenstatus auch verdient. "Auch Kosovo ist an der Lösung des Namensstreites um die Mitgliedschaft Pristinas in den regionalen Organisationen interessiert. Natürlich wünscht sich Serbien den Kandidatenstatus. Also wollen alle Seiten eine Einigung." Sollte sie jetzt nicht zustande kommen, würde sie dann noch lange auf sich warten lassen, resümiert Zbogar.

Autor: Ivan Djerkovic
Redaktion: Blagorodna Grigorova