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Vorgezogene Wahlen in Griechenland

3. September 2009

Griechenlands konservativer Premier Kostas Karamanlis hat vorgezogene Neuwahlen angekündigt. Nicht ganz überraschend, weil die Regierung spätestens 2010 gestolpert wäre, meint Spiros Moskovou.

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Bild: DW

Für eine „bessere Zukunft“ hatte der konservative griechische Ministerpräsident Kostas Karamanlis um seine Wiederwahl im September 2007 geworben. Und die Wähler hatten ihm zum zweiten Mal nach 2004 ihr Vertrauen geschenkt. Trotz der verheerenden Waldbrände, die im August weite Teile der Peloponnes in Schutt und Asche verwandelt und die Unfähigkeit des Staatsapparats zur Bekämpfung einer Naturkatastrophe auf tragische Weise bloßgestellt hatten. Nur zwei Jahre danach und auf dem Weg zu dieser vagen, aber angeblich besseren Zukunft ist der Regierung Karamanlis die Puste ausgegangen. In einer Fernsehansprache an die Nation hat der griechische Ministerpräsident jetzt vorgezogene Neuwahlen angekündigt, die gemäß der Verfassung in spätestens vier Wochen nach Auflösung des Parlaments abzuhalten sind. Karamanlis begründete diesen nicht ganz unerwarteten Schritt mit den Folgen der internationalen Wirtschaftskrise, die eine klare politische Landschaft und ein frisches Mandat erforderten.

Flucht nach vorn

Die Regierung wäre sowieso im März 2010 gestolpert und zu vorgezogenen Wahlen gezwungen worden, da ihre knappe Mehrheit im Parlament für die Wiederwahl des Staatspräsidenten und früheren Außenministers der PASOK-Regierungen Karolos Papoulias nicht ausreicht. Es war ausgerechnet die heutige sozialistische Oppositionspartei PASOK unter Giorgos Papandreou, die dem beliebten Papoulias die Gefolgschaft verweigern wollte, um die Regierung zu stürzen. Aus dieser Not versucht Karamanlis nun eine Tugend zu machen. So betonte er, dass sich das Land angesichts der angespannten Wirtschaftslage und der notwendigen Maßnahmen gegen die Rezession keinen sechsmonatigen Wahlkampf leisten könne. Er weiß, dass nach den letzten Umfragen die PASOK über einen Vorsprung von fünf bis sechs Prozentpunkten vor seiner konservativen Nea Dimokratia (ND) verfügt. Und er hat sich für die Flucht nach vorne entschieden.

Die angespannte Wirtschafts- und Finanzlage in Griechenland ist unumstritten. Wichtige Wirtschaftszweige, wie der Tourismus und die Schifffahrt, sind von der internationalen Krise hart getroffen. Das Staatsdefizit wird am Ende des Jahres etwa sechs Prozent des Bruttosozialprodukts ausmachen und die EU-Kommission ist nicht mehr bereit, Athen immer wieder neue Fristen für Stabilisierungsprogramme zuzugestehen, die letztendlich nicht greifen. Deswegen hat Ministerpräsident Karamanlis in seiner Ansprache die Prioritäten für eine neue „bessere Zukunft“ gesetzt: die Verringerung der Staatsdefizite, die Bekämpfung der wuchernden Steuerhinterziehung und die Strukturreformen. Der Frage, warum seine Regierung seit 2004 diese Prioritäten nicht entschieden und effizient verfolgt habe, blieb er eine Antwort schuldig.

Zwei Seiten derselben Medaille

Nun hat sich Griechenland in einen kurzen, aber wohl lärmenden Wahlkampf gestürzt. Schon während seiner Ansprache hat Karamanlis die PASOK des Populismus, und Papandreou kurz danach in einer ersten Stellungnahme die ND des Klientelismus bezichtigt. Die zwei großen Parteien werden erneut ihre Grabenkämpfe zelebrieren, werden nochmals der Gesellschaft vortäuschen, dass sie zwei grundverschiedene Weltanschauungen repräsentieren. Dabei ist es mehr als eindeutig, dass die ND und die PASOK die zwei Seiten derselben Medaille sind, eines ausgedienten und stark zur Korruption neigenden Zweiparteiensystems. Beide haben bis jetzt die inhaltliche Erneuerung und Modernisierung verpasst und tragen für den sozialen Unmut in der griechischen Gesellschaft große Verantwortung. Mangels zukunftsweisender Alternativen äußert sich dieser Unmut nicht mehr nur an der Urne, sondern auch auf den Straßen, wie im letzten Dezember während der Unruhen in Athen.

Autor: Spiros Moskovou

Redaktion: Bernd Johann