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Regierung: Kein zweites Brexit-Referendum

9. Juli 2016

In einer Petition hatten etwa vier Millionen Briten ein zweites Referendum über einen EU-Austritts Großbritanniens gefordert. Die britische Regierung hat ihnen nun eine klare Absage erteilt.

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Proteste gegen Brexit in London: Demonstrant mit EU-Flagge (Foto: getty images)
Bild: Getty Images/AFP/J. Tallis

Die mehr als vier Millionen Unterzeichner einer Petition erhielten eine E-Mail, in der das Außenministerium eine weitere Abstimmung über die Zukunft Großbritanniens in der Europäischen Union ausschließt. Premierminister David Cameron habe schon vier Tage nach dem Referendum klar gemacht, dass die Entscheidung "respektiert" werden müsse. Cameron habe am 27. Juni bei einer Stellungnahme im Parlament gesagt, dass das Brexit-Referendum mit mehr als 33 Millionen Wählerstimmen "das größte demokratische Unternehmen in der britischen Geschichte gewesen" sei, heißt es in der E-Mail. Eine solche Gelegenheit gebe es nur "einmal in einer Generation".

Großbritannien müsse sich nun auf den Austritt aus der EU vorbereiten, stellt das Außenministerium klar. In den Verhandlungen mit Brüssel werde sich die Regierung dafür einsetzen, "das bestmögliche Ergebnis für das britische Volk" zu erzielen.

Petition für ein zweites Referendum

Bei dem Referendum am 23. Juni hatte sich eine Mehrheit von knapp 52 Prozent der Wähler für den Austritt Großbritanniens aus der EU ausgesprochen. 17,4 Millionen Briten stimmten für den EU-Austritt, 16,1 Millionen stimmten für den Verbleib. Inzwischen unterzeichneten jedoch mehr als vier Millionen Menschen eine Petition für ein neues Referendum, wobei tausende Stimmen offenbar als ungültig gewertet wurden.

"Wir, die Unterzeichner, rufen die Regierung Ihrer Majestät an, eine Regel anzuwenden, wonach es ein weiteres Referendum geben sollte, wenn das Remain- oder Leave-Votum unter 60 Prozent bei einer Beteiligung von unter 75 Prozent liegt", heißt es in der Petition. Beim Brexit-Referendum lag die Wahlbeteiligung bei 72,2 Prozent.

Theresa May (Foto: getty images)
Mögliche nächste Premierministerin: Theresa MayBild: Getty Images/J. Taylor

Bei einer Anwendung der in der Petition geforderten Regel müsste es also ein zweites Votum geben. Das Außenministerium wies in der E-Mail jedoch darauf hin, dass das Gesetz über die Organisation des EU-Referendums kein Mindestmaß für die Wahlbeteiligung oder den Stimmenanteil vorsah.

Keine Mehrheit für Referedum über "Brexit-Deal"

Auch Rufe nach einem Referendum über die Austrittsvereinbarungen zwischen Großbritannien und der EU werden lauter: Einer Umfrage zufolge, die das ORB-Institut für die Zeitung "The Independent" vorgenommen hat, wollen 40 Prozent der Briten ein solches Referendum, 44 Prozent der durch das Institut befragten 2000 Briten waren allerdings dagegen. Das Institut hatte gefragt, ob es ein zweites Referendum geben soll, bei dem die britische Regierung dem Volk einen künftigen "Brexit-Deal" mit Brüssel zur Entscheidung vorlegen müsste.

Zwölf Prozent der Wähler, die vor zwei Wochen für ein Ausscheiden aus der EU gestimmt hatten, plädierten demnach für ein solches Referendum, berichtete der "Independent" weiter. Unter den Pro-EU-Wählern seien dies 68 Prozent. Eine Mehrheit der jungen Briten seien für, die Mehrheit der Alten gegen ein zweites Votum.

Das Ergebnis der Austrittsverhandlungen zwischen Großbritannien und der EU dürfte rund zwei Jahre dauern. Erst eine neue Regierung in London, die vermutlich im Spätsommer ins Amt kommen wird, wird die Verhandlungen beginnen, möglicherweise erst 2017.

Beschränkung der Freizügigkeit soll kommen

Unterdessen haben sich die beiden Bewerberinnen um die Nachfolge des konservativen britischen Premierministers David Cameron für schärfere Regeln bei der Freizügigkeit für EU-Bürger nach einem Austritt aus der Union ausgesprochen.

Andrea Leadsom (Foto: picture-alliance, dpa)
Auch sie will Cameron-Nachfolgerin werden: Andrea LeadsomBild: picture-alliance/AP Photo/M. Dunham

Sowohl Innenministerin Theresa May als auch Energie-Staatssekretärin Andrea Leadsom kündigten für den Fall ihrer Wahl an, die Niederlassungsfreiheit einzuschränken. Das Recht, sich niederzulassen und zu arbeiten, werde künftig durch Arbeitsgenehmigungen geregelt, sagte Leadsom der Zeitung "Times". May sagte dem "Daily Telegraph", die Kontrolle der Reise- und Niederlassungsfreiheit sei Bestandteil des Austritts aus der EU.

Eines der Hauptargumente der Austrittsbefürworter beim Referendum am 23. Juni war, dass Großbritannien die Zahl der Einwanderer besser außerhalb der EU kontrollieren könne. Die Freizügigkeit in der EU ist allerdings Voraussetzung für den Zugang zum gemeinsamen Markt. Cameron hatte nach seiner Niederlage beim Brexit-Referendum den Rücktritt angekündigt. Bis zum 9. September entscheiden nun 150.000 Mitglieder der regierenden Konservativen Partei über seine Nachfolge.

chr/cr (The Independent, dpa, rtr, afp)