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Regierungschef Djukanovic tritt zurück

21. Dezember 2010

Zwanzig Jahren lang war er die unangefochtene Nummer 1 in Montenegro. Er hat das Land in die Unabhängigkeit geführt und ihm den Status eines EU-Beitrittskandidaten gebracht. Doch jetzt tritt Djukanovic ab.

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Der Premierminister von Montenegro, Milo Djukanovic, verlässt am 22.10.2010 das Regierungsgebäude von Mazedonien. (Archivfoto: dpa)
Nach zwanzig Jahren an der Staatsspitze ist Montenegros Premier Djukanovic zurückgetretenBild: picture-alliance/dpa

Nach zwei Jahrzehnten als Staats- und Regierungschef ist der montenegrinische Ministerpräsident Milo Djukanovic am Dienstag (21.12.2010) zurückgetreten. Den Rückzug des bisher alles dominierenden Politstars werteten westliche Diplomaten als "Zeitenwende" für das Land.

Djukanovic hatte bereits in den vergangenen Monaten angekündet, abtreten zu wollen, sobald Montenegro EU-Beitrittskandidat wird, um "privat mehr Zeit zu haben" und sich als Unternehmer zu betätigen. Als das Land am Freitag den Status eines EU-Beitrittskandidaten bekam, bezeichnete Djukanovic die Entwicklung als "historischen Durchbruch".

"Pate einer kriminellen Vereinigung"

Svetozar Marovic , hier noch als Präsident von Serbien-Montenegro, während einer Ansprache im Europa-Rat im April 2005 in Straßburg. (Archivfoto: dpa)
Vize-Premier Marovic wird vorgeworfen, Mitglied einer kriminellen Vereinigung zu seinBild: picture-alliance/dpa/dpaweb

Sein von ihm selbst designierter Nachfolger wird der Finanzminister Igor Luksic, einer seiner engsten Vertrauten. Der 34-jährige Wirtschaftswissenschaftler genießt international eine hohe Anerkennung für die Reformen, die er im Land initiiert hat. Die Opposition befürchtet hingegen, dass Djukanovic durch seinen Nachfolger weiterhin großen Einfluss in der Politik haben wird.

Zusammen mit dem Ministerpräsidenten hat auch sein Stellvertreter und zweitmächtigste Politiker im Land, Svetozar Marovic, seinen Posten geräumt. Oppositionspolitiker werfen beiden Männern seit langem vor, Montenegro mit einigen wenigen Familien von Super-Reichen in einen "Privatstaat" verwandelt zu haben. Djukanovic bezeichnen sie sogar als "Paten einer kriminellen Vereinigung". Zuletzt wurde der Gouverneur der Zentralbank abgelöst, weil er sich weigerte, der "Prva Banka" von Dujakanovics Bruder Aco zu helfen.

Gegen derartige zwielichtige Unternehmungen hat die Dachorganisation der Bürgerinitiativen MANS schon serienweise Strafanzeigen gestellt. Doch die Staatsanwaltschaft reagiere nicht einmal, weil sie fest im Griff Djukanovics Regierungspartei DPS sei, so MANS.

Schützenhilfe vom Westen

Karte ehemaliges Jugoslawien Slowenien, Kroatien, Bosnien und Herzigowina, Serbien, Highlight: Montenegro, Kosovo, Mazedonien (Bild: dw)
Als einer der jüngsten Staaten Europas erlangte Montenegro 2006 die UnabhängigkeitBild: DW

Der 1962 geborene Djukanovic erlangte bereits mit 27 Jahren einen hohen Rang in der kommunistischen Partei. Zum Ministerpräsidenten wurde er erstmals 1991 gewählt, als der Zerfall Jugoslawiens begann. 2006 verließ er die politische Bühne kurzzeitig, kehrte jedoch an die Macht zurück, als der damalige Regierungschef Zeljko Sturanovic aus gesundheitlichen Gründen zurücktrat.

Bereits Ende der 1990er-Jahre wurde Djukanovic massiv von den USA und der EU unterstützt, weil er sich gegen seinen einstigen politischen Ziehvater Slobodan Milosevic gestellt hatte. Aus diesem Grund wurde auch nichts gegen den groß angelegten Zigarettenschmuggel unternommen, wegen welchem gegen ihn in Italien, Deutschland und der Schweiz Ermittlungen liefen. Auch wurde ihm bereits 2001 erlaubt, den Euro zur Stabilisierung der maroden montenegrinischen Wirtschaft einzuführen, obwohl das Land keine einzige Voraussetzung dafür erfüllte.

Anhänger wie Gegner zollen Djukanovic Anerkennung dafür, Montenegro 2006 in die Unabhängigkeit von Jugoslawien geführt und am Freitag von der EU den Status eines offiziellen Beitrittskandidaten erhalten zu haben. Ein konkretes Datum für den Beginn der Beitrittsverhandlungen gibt es jedoch noch nicht.

Autor: Bachir Amroune (dpa)
Redaktion: Reinhard Kleber