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Timoschenkos Partei verlässt Koalition

17. Februar 2016

Nach dem gescheiterten Misstrauensvotum gegen Regierungschef Jazenjuk hat die proeuropäische Partei um Julia Timoschenko die Koalition verlassen. Damit verschärft sich Regierungskrise in der Ukraine.

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Julia Timoschenko berät sich mit Parteianhängern im ukrainischen Parlament. (Foto: picture-alliance/dpa/Sputnik)
Bild: picture-alliance/dpa/Sputnik

"Wir müssen konstatieren, dass die proeuropäische Koalition in diesem Parlament niemals existiert hat. Es existierte immer eine Schattenkoalition in den Hinterzimmern", sagte die Ex-Ministerpräsidentin Julia Timoschenko (Artikelbild) im Parlament örtlichen Medien zufolge. Sie rief in Kiew die übrigen Parteien auf, ihrem Beispiel zu folgen. Kritiker werfen Regierungschef Arseni Jazenjuk eine verfehlte Reformpolitik vor.

Jazenjuks Bündnis verliert mit Timoschenkos Vaterlandspartei 19 von 262 Stimmen im Parlament, hat aber mit 243 Abgeordneten noch immer eine Mehrheit. Kritisch würde es, wenn auch die Partei Samopomitsch (Selbsthilfe) mit weiteren 26 Abgeordneten ausscheiden würden. Beobachter halten dies für möglich. Am Morgen boykottierte die Partei eine Plenarsitzung des Parlaments.

Volle Staatskasse, bewaffnete Armee

Ein Misstrauensvotum am Dienstagabend hatte nicht die nötige Mehrheit von 226 Stimmen gegen den 41-Jährigen gebracht. Auch Präsident Petro Poroschenko hatte ihn am Dienstag demonstrativ zum Rücktritt aufgefordert, "um das Vertrauen in die Regierung wiederherzustellen". Poroschenko erklärte, "die Regierung hat viel getan, um das Land zu retten, die Wirtschaftslage zu stabilisieren und Reformen zu starten. Doch die Gesellschaft hat klar entschieden, dass die Fehler zahlreicher als die Errungenschaften sind." Dem Ministerpräsidenten wird seit längerem vorgeworfen, Reformen zu verschleppen und zu wenig gegen die Korruption zu tun.

In seiner Ansprache verteidigte auch Jazenjuk entschlossen die Bilanz seiner Regierung. "Wir haben dieses Land gerettet und ich will, dass Sie dies respektieren", sagte er. "Wir haben nun ein Land mit voller Staatsschatulle, eine bewaffnete ukrainische Armee, abgeschriebene Schulden und bezahlte Gehälter und Pensionen." Er werde das Land einer neuen Regierung "mit Ehre und Würde" übergeben, schloss Jazenjuk.

Vor dem ukrainischen Parlament spricht der Premierminister Arseni Jasenjuk (Foto: Reuters/G. Garanich)
Steht in der Kritik: der ukrainische Regierungschef Arseni Jasenjuk (Archivbild)Bild: Reuters/G. Garanich

Mangelnde Courage gegen Oligarchen?

Im September war bereits die Radikale Partei aus der Koalition ausgestiegen. Jazenjuks Volksfront und die Präsidentenpartei Petro-Poroschenko-Block haben zusammen keine Mehrheit im Parlament. Jazenjuk war Anfang 2014 einer der Anführer der Protestbewegung gegen den prorussischen Präsidenten Viktor Janukowitsch. Der 41-jährige frühere Banker kündigte nach seinem Amtsantritt strenge Sparmaßnahmen und Schritte gegen die Oligarchen an. In den letzten Monaten wurde ihm aber vorgeworfen, die versprochenen Reformen nicht umzusetzen, weil er die Macht der Oligarchen nicht anzutasten wage.

Im Dezember wurde er zudem beschuldigt, im Gegenzug für einen Auftrag zur Umrüstung der Atomkraftwerke Schmiergeld von der tschechischen Firma Skoda angenommen zu haben. In Umfragen unterstützten zuletzt 70 Prozent der Bürger seine Entlassung. Der Rücktritt der Regierung könnte die Auszahlung eines Kredits von 35,8 Milliarden Euro vom Internationalen Währungsfonds (IWF) gefährden.

pab/se (afpd, dpa, rtrd)