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Regierungskrise in Prag dauert an

16. September 2002

– Bruch der Drei-Parteien-Koalition nicht abgewendet – Minderheitsregierung mit stiller Unterstützung der Kommunisten nicht ausgeschlossen

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Köln, 16.9.2002, CTK, MLADA FRONTA DNES

CTK, 16.9.2002, tschech.

Der tschechische Ministerpräsident Vladimir Spidla (CSSD) will, dass drei Minister der liberalen Freiheitsunion (US-DEU) das Kabinett verlassen. Nach intensiven CSSD-Beratungen habe der sozialdemokratische Regierungschef noch in der Nacht von Sonntag auf Montag, wie "Mlada fronta Dnes" berichtet, mit den Vorsitzenden der zwei übrigen Koalitionsparteien gesprochen.

Dabei habe Spidla Cyril Svoboda, dem Parteichef der Christdemokraten (KDU-CSL) und Ivan Pilip, dem Vorsitzenden der Liberalen (US-DEU) mitgeteilt, er wünsche den Rücktritt der drei liberalen Minister. Von der Rücktrittsforderung könne man nur dann absehen, wenn sich die Freiheitsunion schriftlich verpflichte, dass künftig ihre zehn Abgeordneten allesamt für jeden Regierungsvorschlag im Parlament mit "ja" stimmen. (...)

Am Freitag (13.9.) hatte die liberale Abgeordnete Hana Marvanova ein von der Regierung Spidla eingebrachtes Steuerpaket zur Finanzierung der Flutschäden scheitern lassen und damit die erste Krise der seit zwei Monaten regierenden sozialliberalen Koalition ausgelöst. (Spidlas Drei-Parteien-Regierung – CSSD, KDU-CSL, US-DEU - verfügt im Parlament über eine hauchdünne Mehrheit von 101 zu 99 Stimmen. Am Freitag konnte an der Abstimmung im Parlament der CSSD-Abgeordnete Jan Kavan nicht teilnehmen, weil er in New York seinen Verpflichtungen als Vorsitzender der UN-Vollversammlung nachgeht – MD).

Die Sozialdemokraten sehen im Verhalten der liberalen Abgeordneten Marvanova von Freitag einen Bruch der Koalitionsvereinbarungen und wollen demnächst lieber nur noch mit den Christdemokraten weiterregieren. (ykk)

MLADA FRONTA DNES, 16.9.2002, tschech.

(...) Teile der Sozialdemokraten befürworten eine Minderheitsregierung mit stiller Unterstützung seitens der Kommunisten. (...) Die ursprünglichen Pläne von Ministerpräsident Spidla, einige der drei liberalen Minister doch im Kabinett zu belassen, haben Mitglieder der CSSD-Spitze vereitelt, die für einen sofortigen Rausschmiss der Liberalen aus dem Kabinett und für eine Minderheitsregierung mit stiller Unterstützung der Kommunisten plädierten. (...)

Von der Regierungskrise können am ehesten die Kommunisten profitieren. Sie teilten Premier Spidla noch am Freitag mit, ihre Parlamentsfraktion sei bereit, eine Minderheitsregierung von Sozial- und Christdemokraten zu unterstützen. Die Kommunisten könnten für Spidla ein besserer Partner als die Liberalen im Parlament sein. So werde sich dem Ministerpräsidenten die Chance eröffnen, dass das Parlament mehr nach links orientierte Lösungen passieren und dass er auch Steuererhöhungen sowie andere staatliche Sozialausgaben leichter durchsetzt. Gerade in dieser Hinsicht war er bislang gezwungen, den Liberalen Zugeständnisse zu machen. (...) (ykk)