1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Registrieren und Liquidieren

Stephan Hille7. Oktober 2003

Firmengründer haben es noch immer schwer in Russland: Zwischen der Idee und dem ersten selbstverdienten Rubel liegen erst einmal Behördenmarathon und Paragraphendschungel. Doch kein Problem, ohne Lösung.

https://p.dw.com/p/48qY

Sie möchten eine Baufirma gründen oder ins Tourismusgeschäft einsteigen und gleich morgen anfangen? In Moskau und anderen großen Städten Russlands gar kein Problem. Die russischen Anzeigenblätter sind voll mit Werbeanzeigen, wie: "Fertige Firma - sofort". Für die lächerlich kleine Summe von 400 Dollar wählt der Bauunternehmer von morgen den Namen bequem im Internet per Mausklick aus. Zum Beispiel "Expo-Stroj", vor einigen Wochen gegründet, mit allen Dokumenten, Bankverbindung und Postanschrift versehen.

Der Unternehmer in spe kauft einfach und ganz legal die fertige Firma wie eine Verpackung. Jetzt muss er nur noch in die Hände spucken und die Hülle mit Leben ausfüllen. Die Lizenz zum Bauen gibt es für einen Aufschlag von weiteren tausend Dollar gleich hinzu.

Für die Anfangsinvestition von rund 1500 Dollar hat der frisch gebackene Chef von "Expo-Stroj" rund zwei Monate Zeit gespart und vor allem seine Nerven geschont. Denn noch immer macht die russische Bürokratie mit ihrer Flut von Reglementierungen, Formularen und Fristen dem unternehmerischen Gründergeist das Leben schwer.

Deregulierung - zumindest auf Papier

Unklare Vorschriften, komplizierte Sonderbestimmungen und happige Geldbußen für fehlerhaft oder nicht fristgerecht eingereichte Anträge machen jedes unternehmerische Vorhaben zu einem Spießrutenlauf.

Dabei hatte das russische Parlament bereits vor zwei Jahren ein umfassendes Deregulierungsgesetz verabschiedet, dass Firmengründern den Weg ebnen sollte und endlich den Boden für das noch immer schwach ausgebildete kleine und mittlere Unternehmertum bereiten sollte. Zwar wurde die Liste der lizenzpflichtigen Geschäftstätigkeiten massiv zusammen gestrichen, doch noch immer müssen sich Unternehmensgründer statt mit einer Meldestelle, wie per Gesetz verabschiedet, mit mindestens fünf unterschiedlichen Behörden herumschlagen.

Direktor kann mitgekauft werden

Präsident Wladimir Putin hatte angekündigt, dass künftig die Registrierung eines Unternehmens maximal fünf Tage dauern würde. So steht es auch im Gesetz, doch wie so häufig in Russland liegen zwischen "de jure" und "de facto" Welten.

Immerhin blüht die Branche der Dienstleister, die einfach im voraus Firmen unter erfolgversprechenden Namen wie "SK Galaktika" oder "Mega-Systems" registrieren. Ob Einzelfirma oder Aktiengesellschaft, der Kunde kann wählen. Und wer lieber inkognito bleiben will, kauft gleich den Direktor mit. Der führt nach außen offiziell, aber nach innen nur der Form halber die Geschäfte.

Sollte sich der Geschäftserfolg dann doch nicht einstellen, übernehmen die meisten Dienstleister auch die Liquidierung eines Unternehmens - und zwar nach Eigenwerbung spurlos, damit mögliche Gläubiger keine Chance haben.