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Rekord-Neuverschuldung auf dem Prüfstand

19. Januar 2010

Der Bundestag hat mit den Beratungen über den Haushalt 2010 begonnen. Finanzminister Schäuble muss die geplante Rekord-Neuverschuldung von 85,8 Milliarden Euro rechtfertigen. Gespart werden soll erst ab 2011.

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Ein Euro mit Bundesadler steht auf einem Stapel von Euro-Münzen (Foto: dpa)
Rekordschulden in 2010, sparen erst ab 2011Bild: picture alliance / dpa

Vier Tage lang werden bis Freitag (22.01.2010) alle Einzeletats der Ministerien beleuchtet. Traditionell wird die Haushaltsdebatte im Bundestag für einen Schlagabtausch zwischen Regierung und Opposition genutzt. Höhepunkt der Beratungen im Parlament ist am Mittwoch die Generalaussprache von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Endgültig verabschiedet werden soll der Etat 2010 erst im März. Zuvor beraten noch die Bundestagsausschüsse über das umfangreiche Zahlenwerk. Bis dahin gilt eine vorläufige Haushaltsführung.

Mit Abstand größte Neuverschuldung der Bundesrepublik

Grafik zum Haushaltsentwurf 2010 (Foto: AP)
Bild: AP

Finanzminister Wolfgang Schäuble plant für dieses Jahr eine Rekord-Neuverschuldung von 85,8 Milliarden Euro - ein einsamer Höchststand in der bundesdeutschen Nachkriegsgeschichte. Hinzu kommen noch Schulden aus dem zweiten Konjunkturpaket und dem Bankenrettungsfonds in Höhe von rund 14,5 Milliarden Euro.

Allein der Bund soll nach dem Willen der Regierung in diesem Jahr 325,4 Milliarden ausgeben dürfen. Den größten Anteil daran erhält das Bundesministerium für Arbeit und Soziales mit 146,82 Milliarden.

Schäuble verteidigte die historisch hohe Neuverschuldung im Plenum. Die geplante Kreditaufnahme sei "bitter", aber notwendig, sagte der CDU-Politiker. Damit sollten die Krisenfolgen gemildert und der zarte Wirtschaftsaufschwung gestützt werden. Die Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise seien noch nicht überwunden, Deutschland befinde sich weiter in einer "ernsten und beispiellosen" Lage.

Haushaltspolitiker wollen Neuverschuldung senken

Die Haushaltspolitiker der Regierungskoalition von Union und FDP wollen die von Schäuble geplante Neuverschuldung für 2010 drücken, wie sie am Montag nach einer zweitägigen Klausurberatung in Berlin erklärten. Die im Etatentwurf unterstellte Nettokreditaufnahme sei "die absolute Obergrenze für die anstehenden parlamentarischen Beratungen, unabhängig von weiteren Wünschen und Begehrlichkeiten", sagten die haushaltspolitischen Sprecher Nobert Barthle (CDU/CSU) und Otto Fricke (FDP). Ziel bleibe es, die Neuverschuldung weiter zu senken.

Die Haushaltsexperten stellten sich hinter den von Schäuble angekündigten Sparkurs ab dem Jahr 2011. Nach der Wirtschaftskrise müsse die Sanierung der Staatskassen angegangen werden, hieß es.

Minister Wolfgang Schäuble spricht am 12.11.2009 im Bundestag (Foto: AP)
Stellt mit seinem Etat 2010 einen Rekord in puncto Neuverschuldung auf: Wolfgang SchäubleBild: AP

Der Finanzminister arbeitet bereits am Etatentwurf für 2011 und an der mittelfristigen Finanzplanung bis 2014. Er will dazu eines der größten Sparpakete der Bundesrepublik vorlegen, um die Vorgaben der neuen, im Grundgesetz festgelegten Schuldenbremse und des europäischen Stabilitätspaktes einzuhalten.

Finanzierung weiterer Steuersenkungen noch unklar

In einem ersten Schritt seiner geplanten Sparmaßnahmen will Schäuble die Verwaltungsausgaben und Personalkosten bis 2014 auf dem Niveau von 2009 einfrieren. Der Finanzminister hatte die angestrebten weiteren Steuerentlastungen zum Ärger des liberalen Koalitionspartners mehrfach unter Finanzierungsvorbehalt gestellt.

Noch offen ist, wie Union und FDP die geplanten Steuersenkungen um weitere rund 19,5 Milliarden Euro finanzieren wollen. Auch der genaue Zeitplan und der endgültige Umfang sind unklar. Für konkrete Angaben will die Regierung zunächst die Steuerschätzung am 6. Mai abwarten. Danach werde "in aller Ruhe" das Konzept erarbeitet, sagte CSU-Chef Horst Seehofer nach einem Spitzentreffen der Koalition am Sonntag im Kanzleramt.

Wirtschaftsexperten sehen Spielraum für Steuersenkungen

Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) errechnete dennoch einen Spielraum für mögliche Steuersenkungen - unter der Voraussetzung, dass massiv gespart werde. Die Kölner Experten schlugen den Abbau von Subventionen vor sowie Sparrunden im Öffentlichen Dienst, die Einführung einer Pkw-Maut, Kürzungen in der Arbeitsmarktpolitik und flächendeckende Studiengebühren.

Allein mit einer Kürzung der Subventionen um jährlich zehn Prozent per "Rasenmähermethode" würden im Zeitraum von drei Jahren Einsparungen von insgesamt bis zu 15 Milliarden Euro erreicht, so die Experten. Außerdem würde der Staat mit jedem Prozentpunkt, um den der Tarifabschluss im Öffentlichen Dienst niedriger ausfalle, knapp zwei Milliarden Euro im Jahr sparen.

Autorin: Ursula Kissel (dpa, ap, rtr)
Redaktion: Frank Wörner