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Religiöse Beschneidungen legalisieren

13. Juli 2012

Juden und Muslime in Deutschland sollen bald Rechtssicherheit haben: Die Bundesregierung will dafür sorgen, dass religiöse Beschneidungen von Jungen nicht mehr unter Strafe gestellt werden können.

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Bild: AP

"Beschneidungen müssen in Deutschland weiter möglich sein", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. "Für alle in der Bundesregierung ist es völlig klar: Wir wollen jüdisches und wir wollen muslimisches religiöses Leben in Deutschland." Wie der Rechtsfrieden wieder hergestellt werden könnte, werde derzeit zwischen den Ministerien, mit Beteiligung des Bundeskanzleramts, besprochen.

Inzwischen spricht sich auch Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger für eine rasche gesetzliche Regelung aus. Zu Wochenbeginn hatte sie noch dafür plädiert, dass der Bundesgerichtshof oder das Bundesverfassungsgericht die Beschneidungsfrage grundsätzlich klären sollte – das hätte jedoch mehrere Monate in Anspruch genommen.

Regierung und Opposition auf einer Linie

Nicht nur die Regierungsparteien, auch die Opposition kritisieren das in Köln gefällte Urteil, welches die Beschneidung eines Vierjährigen aus einer muslimischen Familie als Körperverletzung wertete. Das Kölner Gericht habe es versäumt, sich mit der religiösen Bedeutung der Beschneidung hinreichend auseinander zu setzen, schreiben SPD-Chef Sigmar Gabriel und die frühere Bundesjustizministerin Brigitte Zypries in einer gemeinsamen Erklärung. Nicht nur Muslime und Juden in Deutschland, sondern auch Ärzte seien durch das Urteil verunsichert worden. Um rechtliche Klarheit zu schaffen, müsse deshalb rasch über eine gesetzliche Regelung nachgedacht werden, die religiöse Beschneidungen rechtfertige. Es könne nicht sein, dass Jahrtausende alte Traditionen von Millionen von Menschen auf diese Weise in Deutschland in Frage gestellt würden.

Beschneidungen sollen straffrei bleiben

Religionsfreiheit contra körperliche Unversehrtheit

"Wir erwarten ein Stück mehr Respekt, guten Willen und Toleranz", sagte Dieter Graumann, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland. Die scharfe Kritik, die die Konferenz Europäischer Rabbiner am Kölner Beschneidungsurteil geäußert hatte, begrüßte er. Bei einem Treffen der Rabbiner in Berlin hatte der Präsident der Konferenz, Pinchas Goldschmidt, gesagt, dass es für einen großen Teil der jüdischen Gemeinen keine Zukunft in Deutschland geben werde, sollte das Kölner Urteil in Gesetzesform gegossen werden.

Die Debatte um die Strafbarkeit religiöser Beschneidungen wurde durch eine Entscheidung des Kölner Landgerichts ausgelöst. Die Richter hatten im Mai geurteilt, dass auch eine fachgerecht vorgenommene Beschneidung von Jungen als Körperverletzung zu werten sei, da der Körper des Kindes "dauerhaft und irreparabel verändert" werde.

fi/fab (afp, epd, dpa, dapd, rtr)