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Religion gegen Armut

19. Juli 2010

Vertreter der EU und der wichtigsten religiösen Gemeinschaften in Europa wollen gemeinsam Armut und soziale Ausgrenzung bekämpfen. Doch bei einem Treffen in Brüssel blieben beide Seiten vage und vermieden Konfliktthemen.

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Delegierte beim Religionsgipfel in Brüssel (Foto: picture alliance/dpa)
Delegierte beim EU-ReligionstreffenBild: picture alliance/dpa

Es war ein ungewöhnliches Bild: Besonders viele schwarze Gewänder, graue Vollbärte und vielerlei Kopfbedeckungen schmückten das Podium bei der Konferenz am Montag (19.07.2010). Doch so verschieden die Vertreter von Christen, Muslimen, Juden, Sikhs und Hindus aussahen, so vereint gaben sie sich beim Ziel der Armutsbekämpfung. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso lobte die Arbeit der Religionsgemeinschaften in den Zeiten der Wirtschafts- und Finanzkrise: "Es steht außer Frage, dass karitative Einrichtungen und der Glaube für viele unschätzbar wichtig waren, um ihnen durch sehr schwere Zeiten zu helfen, sowohl in Form materieller Unterstützung als auch durch geistlichen und emotionalen Beistand."

Inmitten der Diskussionen in der EU um Finanzmarktreform, Klimaschutz oder Industriepolitik waren das ungewohnte Worte. Ratspräsident Herman Van Rompuy sieht hier Europa sogar in einer Sonderstellung: "Die Europäische Union muss eine Union der Werte sein. Das ist unser Mehrwert in der Welt, das ist die sanfte Macht Europas in der Welt."

Strittiges ausgeklammert

Drei Frauen mit Burka (Foto: ABACAPRESS.COM)
Kein Kommentar zum heißen Eisen Burka-VerbotBild: picture alliance/abaca

Doch wer sich konkrete Aussagen zur Armutsbekämpfung erhofft hatte, wurde enttäuscht. Der ungarische Kardinal und Präsident des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen, Peter Erdö, schien sogar den Begriff der Armut zu relativieren: "Armut ist nicht nur eine Frage des materiellen Wohlergehens, sondern es geht um eine anthropologische Frage. Wir müssen gemeinsam suchen, was anthropologisch grundlegend für das menschliche Wohlergehen ist."

Schien das bereits eine eher ausweichende Stellungnahme, so gab es zu einem anderen Thema überhaupt keine Antwort: Auf die Frage eines Journalisten, wie denn die religiösen Vertreter zu einem Burka-Verbot stünden, wie es in mehreren europäischen Staaten vorbereitet oder diskutiert wird, wollte keiner von ihnen etwas sagen, auch nicht Bekir Alboga von der Türkisch-Islamischen Union in Deutschland. Er schien vor allem dankbar zu sein für den Dialog und bat als einziger darum, Deutsch sprechen zu dürfen: "Wenn wir schon ein Teil Deutschlands, ein Teil dieser Wertegemeinschaft sind, dann sind wir auch glücklich, dazu unsere Meinungen sagen zu dürfen." Nur offenbar nicht hier und nicht jetzt zum Burka-Verbot.

Dialog mit Freigeistern

Die Botschaft dieser allzu harmonischen Begegnung mit den religiösen Würdenträgern lag wohl vor allem in dem Treffen selbst und sollte offenbar lauten: Wir respektieren einander und unsere jeweilige Rolle in der Gesellschaft.

Aber dem gläubigen Katholiken Van Rompuy war es auch wichtig, auf ein bevorstehendes Treffen mit nichtreligiösen Weltanschauungsgemeinschaften hinzuweisen. Denn die EU versteht sich als weltanschaulich neutral.

Autor: Christoph Hasselbach
Redaktion: Thomas Grimmer