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Rente mit 67

2. Januar 2012

CSU-Chef Horst Seehofer hat mit seinen kritischen Äußerungen zur Rente mit 67 für Ärger in der Regierung gesorgt. Es gebe nicht genügend Jobs für Ältere, so Seehofer. Doch die sind verstärkt gefragt am Arbeitsmarkt.

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Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer spricht während des CSU-Parteitags im Oktober 2011. (Foto: dpa)
CSU-Chef Horst Seehofer sorgt sich um ältere ArbeitnehmerBild: picture alliance / dpa

Das sei mit ihm nicht zu machen, so der CSU-Chef in einem Zeitungsinterview, das am Neujahrstag veröffentlicht wurde. Seehofer sorgte sich darin um jene Arbeitnehmer, die vor dem Renteneintrittsalter von demnächst 67 aus dem Berufsleben ausscheiden. Sollten sie anschließend ohne Job bleiben, zieht das einen Rentenabschlag von 0,3 Prozent pro Monat bis zum regulären Renteneinstrittsalter nach sich.

Länger leben = länger arbeiten

Portraitfoto von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) in der Berliner Bundespressekonferenz Ende November 2011. (Foto: dapd)
Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen: "Wir leben länger, also müssen wir auch länger arbeiten."Bild: dapd

Dem CSU-Chef widersprach nicht nur der designierte FDP-Generalsekretär Patrick Döring, sondern auch Arbeits- und Sozialministerin Ursula von der Leyen (CDU). Im "Deutschlandfunk" sagte sie am Montag (02.01.2012), eine längere Lebenszeit ziehe automatisch eine längere Rentenzeit nach sich. Es gebe nur die Alternativen, entweder die Beiträge zu erhöhen, die Leistungen zu kürzen oder von den zehn Jahren, die die Menschen im Vergleich zu 1960 heute länger leben, zwei mit Arbeit zu verbringen.

Dem Argument, die Regierung habe die Statistik der Bundesagentur für Arbeit geschönt, weil bestimmte Gruppen von älteren Arbeitslosen nicht mehr aufgeführt werden, hält von der Leyen eine Zahl entgegen: In der Statistik des Jahres 2008 seien rund 620.000 Menschen enthalten, die heute nicht mehr aufgeführt werden. Legt man die Zahlen des Jahres 2011 zu Grunde, werden nach den gleichen Kriterien "nur" noch rund 100.000 Menschen nicht mehr aufgeführt. Also - folgert die Ministerin - hat sich auch in diesem Segment des Arbeitsmarktes die Arbeitslosigkeit nach unten entwickelt.

Beschäftigung kräftig gestiegen

Logo der Bundesagentur für Arbeit. (Foto: Agentur für Arbeit)
Die Bundesagentur für Arbeit verkündet einmal im Monat die ArbeitslosenstatistikBild: Agentur für Arbeit

Unrecht hat sie nicht, denn die neuesten Zahlen der Bundesagentur für Arbeit und der Deutschen Rentenversicherung sprechen eine deutliche Sprache. Sie legen nahe, dass die Bedenken von CSU-Chef Horst Seehofer unbegründet sind. Derzeit arbeiten rund 41 Millionen Menschen in sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen in Deutschland.

Nach Auskunft von Renate Thiemann, Pressereferentin der Deutschen Rentenversicherung, mussten knapp 400.000 von ihnen aus unterschiedlichen Gründen vor dem Erreichen des 65. Lebensjahres (dies war das 2011 noch geltende Rentenalter) aus dem Erwerbsleben ausscheiden. Das sind also weniger als ein Prozent aller Beschäftigten, auf die das Problem einer gekürzten Rente zutreffen würde - wenn sie keine neue Arbeit finden.

Knapp 48 Prozent der Älteren arbeiten

Ein Mitarbeiter des Autoherstellers Ford kontrolliert am Donnerstag in der Endproduktion die Karosserie eines PKW. (Foto: dpa)
Ältere Arbeitnehmer werden zunehmend gesucht und eingestellt oder nicht entlassen.Bild: picture-alliance/dpa

Auch eine andere Zahl lässt die Vermutung zu, dass es um die älteren Arbeitnehmer am deutschen Arbeitsmarkt derzeit nicht so schlecht bestellt ist, wie hier und da angenommen wird. In der Altergruppe der 55- bis unter 65-Jährigen sind im März 2011 etwas mehr als 39 Prozent beschäftigt gewesen. Vier Jahre zuvor waren es nur 32,2 Prozent gewesen. Legt man den Fokus auf die 60- bis unter 65-Jährigen, dann waren zum gleichen Zeitpunkt 26,4 Prozent von ihnen beschäftigt, vier Jahre zuvor waren es nur 18,2 Prozent. Ilona Mirtschid, Sprecherin der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg, führt diese Entwicklung nicht nur auf den demographischen Faktor zurück.

Auf Seiten der Arbeitgeber sei ein Umdenken festzustellen: "Es fehlen Fachkräfte und die Stellen werden zunehmend mit älteren Arbeitnehmern besetzt." Um die Lage der Älteren auf dem Arbeitsmarkt richtig einschätzen zu können, müsste aber auch die Gruppe der älteren Selbständigen berücksichtigt werden. Das Bonner Institut für Mittelstandsforschung geht davon aus, dass es 2010 rund 830.000 Selbstständige zwischen 55 und 65 gegeben hat. Das entspricht etwa 8,5 Prozent der Altergruppe. Mit den sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmern arbeiten also rund 48 Prozent der 55- unter 65-Jährigen.

Schwierig werde es für ältere Arbeitnehmer, wenn sie nach einer Arbeitslosigkeit, die bei ihnen in der Regel länger dauert als bei Jüngeren, wieder Arbeit finden wollen. Für Ilona Mirtschid ist deshalb die Weiterbeschäftigung die "beste Arbeitsmarktpolitik" für ältere Arbeitnehmer.

Autor: Matthias von Hellfeld

Redaktion: Arne Lichtenberg