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Republik Moldau: Angst vor einem neuen "Brain drain"

27. Juli 2006

Bereits in den 90er Jahren haben viele ethnische Russen Moldova verlassen. Die Folgen sind auch heute noch spürbar, vor allem auf dem Lande. Jetzt warnen Politiker vor einer neuen Abwanderungswelle.

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Negative Folgen für die Republik Moldau?Bild: DW

Im vergangenen Jahr siedelten aus der Republik Moldau mehr als 3.000 Menschen nach Russland über. Insgesamt zogen in den ersten fünf Jahren des 21. Jahrhunderts fast 18.500 ehemalige moldauische Staatsbürger nach Russland. Das staatliche Büro für Statistik erklärte vor kurzem, immer weniger ethnischer Russen hätten in den letzten Jahren die Republik Moldau verlassen. Den Höhepunkt erreichte die Auswanderung Anfang der 90er Jahre, als im Lande eine starke nationalistische Stimmung herrschte.

Ziel sind Russlands Großstädte

Der Pressesprecher der russischen Botschaft in der Republik Moldau, Aleksej Babenko, sagte in diesem Zusammenhang: "Was die Rückkehr nach Russland betrifft, so haben die Menschen diesen Wunsch schon immer geäußert." Ihm zufolge versuchen die Menschen, in Russland Arbeit zu finden. Ein weiterer Grund für die Auswanderung sei die Familienzusammenführung, aber auch interethnische Probleme in den Herkunftsländern. Die Einwanderer wollen meist in russischen Großstädten leben, wo es Arbeit gebe und Geld verdient werden könne. Der Pressesprecher der russischen Botschaft betonte, dass Russland hingegen bestrebt sei, die Provinz weiterzuentwickeln. Dort wollten die Menschen allerdings nicht leben.

Wer ist Nutznießer des Programms?

Die Hochschuldozentin Natalja Sedykina fühlt sich in der Republik Moldau unwohl. Ihr Gehalt reicht nicht zum Leben. Das Programm zur freiwilligen Rückkehr kennt sie: "Das, was dort geschrieben steht, zielt auf junge Leute ab, die eine Familie gründen können. Ich würde auch fahren, es kommt aber darauf an, wohin, nicht unbedingt nach Moskau. Aber ich würde wohl kaum nach Sibirien oder Fernost fahren.

Ljudmila Subowa, Managerin einer Chisinauer Firma, hatte noch zu Sowjetzeiten mehrere Jahre östlich des Urals gearbeitet. Nach Russland würde sie gerne zurückkehren, aber nicht im Rahmen des Kreml-Programms, denn dieses sei für Menschen bestimmt, die keine andere Möglichkeit mehr hätten, nach Russland zu kommen. Es ziele auf Menschen ab, die keinen russischen Pass besäßen und irgendwann beispielsweise eine russische Rente erhalten wollten. Subowa meint, dass jemand, der nach Russland übersiedeln möchte, sie an einem belieben Ort eine Wohnung kaufen könne, wenn er sich dies leisten könne. Wenn er aber diese Möglichkeit nicht hat, dann komme er über das Repatriierungsprogramm an einen Ort, den er sich nicht ausgesucht habe. Die Managerin der Chisinauer Firma rechnet nicht mit einer neuen Massenbewegung.

Folgen der Auswanderung

Oppositionelle Abgeordnete des moldauischen Parlaments warnen unterdessen vor möglichen negativen Folgen des Programms. Der Vorsitzende der Partei Soziale Demokratie, der ehemalige Premier Dumitru Bragis, meint, das Programm zur Rückkehr nach Russland würden früher oder später viele Angestellte des Staates in Anspruch nehmen: "Das kann Pädagogen, Ärzte, Kulturschaffende betreffen – Menschen, die meist keine Sprachbarriere haben, um an einem anderen Ort ihre berufliche Tätigkeit fortzusetzen." Bragis betonte, die Arbeitsbedingungen in der Republik Moldau seien schlecht und die Löhne um ein Vielfaches geringer als in Russland. "Das kann sehr ernste negative Folgen haben, in erster Linie eine Abwanderung von Kadern, die in der Moldau sehr gebraucht werden", unterstrich Bargis. Ihr Fehlen spüre man schon jetzt, vor allem auf dem Lande.

Julija Semjonowa, Chisinau
DW-RADIO/Russisch, 25.7.2006, Fokus Ost-Südost