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Republik Moldau: Neue Bedrohungen für die Presse?

10. Juni 2009

Unabhängige Journalisten kritisieren das neue Strafgesetzbuch der Republik Moldau. Sie fürchten, die darin vorgesehenen Strafen für Beleidigung und Verleumdung könnte gerade gegen ihre Zunft willkürlich angewandt werden.

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Neue Strafgesetze sorgen für Unmut bei JournalistenBild: BilderBox

In der Republik Moldau ist am 31. Mai ein neuer Strafkodex in Kraft getreten. Danach sollen Beleidigung und Verleumdung in der Öffentlichkeit unter Strafe gestellt werden. Die Änderungen wurden mit den Stimmen der kommunistischen Mehrheit im Parlament verabschiedet. Wer eine Person in der Öffentlichkeit verächtlich macht und dadurch dessen Ehre herabwürdigt, kann mit 30 bis 90 Euro Geldstrafe oder 60 Stunden sozialem Arbeitsdienst bestraft werden.

Werden diese Taten in den Medien begangen, beträgt die Geldstrafe sogar 90 bis 170 Euro. Das sind durchaus empfindliche Strafen. Zum Vergleich: Der Monatslohn eines jungen Journalisten in der Republik Moldau liegt bei 80 bis 100 Euro. Wer wider besseres Wissen Unwahrheiten behauptet und verbreitet, muss 120 bis 170 Euro Strafe zahlen oder riskiert sogar eine Gefängnisstrafe von 15 Tagen.

Furcht vor Selbstzensur

Journalistenverbände und andere Nichtregierungsorganisationen in der Republik Moldau warnen, die neuen Gesetzesregelungen könnten die Freiheit der Berichterstattung einschränken. Vladislav Gribincea, Vorsitzender der Juristenvereinigung für Menschenrechte in der Republik Moldau sagt: „Der neue Strafkodex sieht den zeitweiligen Entzug eines Amtes vor – dies ermöglicht zum Beispiel der Justiz, unliebsamen Journalisten die Berufserlaubnis zu entziehen. So etwas gab es in der alten Gesetzgebung nicht.“

Außerdem widerspreche das neue Strafgesetzbuch der Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und stehe im krassen Gegensatz zur Presse- und Meinungsfreiheit, meint Gribincea. Es bestehe die Gefahr, dass kritische Journalisten ihren Job verlieren könnten. Dies werde bei vielen Pressevertretern zu Selbstzensur in der Berichterstattung führen.

Ein Schritt vor, zwei zurück

In der Republik Moldau hat das Thema eine interessante Geschichte. Als 2002 im Nachbarland Rumänien eine öffentliche Diskussion über die Verbannung der Verleumdung aus dem rumänischen Strafgesetzbuch entbrannte, wollte der moldauische kommunistische Präsident Vladimir Voronin ein klares Zeichen setzen – sozusagen als Kontrast zum Nachbarland. Das Parlament stimmte für eine sofortige Änderung der bestehenden Regelungen, die eine fünfjährige Gefängnisstrafe für Verleumdung vorsahen. Der Tatbestand wurde aus dem moldauischen Strafgesetzbuch gestrichen.

Doch bereits nach zwei Monaten ruderte das Parlament zurück und schränkte die Meinungsfreiheit in einem Gesetz zur Vorbeugung gegen extremistische Aktivitäten ein. So riskieren zum Beispiel Journalisten bis zu 12 Jahren Haft, wenn ihnen „extremistische Umtriebe“ vorgeworfen werden können. Jetzt kommt der neue Kodex hinzu, der Journalisten noch engere Grenzen setzt. Laut Vertretern des Zentrums für Unabhängigen Journalismus in Chisinau gibt es im Strafgesetzbuch der Republik Moldau insgesamt 46 Artikel, die gegen Journalisten angewandt werden können.

Autor: Vitalie Calugareanu / Robert Schwartz

Redaktion: Birgit Görtz