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Es wartet viel Arbeit

Das Interview führte Dennis Stute21. März 2007

Der Molekularbiologe Fotis Kafatos lobt im DW-WORLD-Interview seine Kollegen für die Forschung mit malariaresistenten Mücken. Reif für die Wildnis sind die Tiere aber noch lange nicht.

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Ein Modell der Anopheles-Mücke in einem Hörsaal, im Hintergrund Fotis Kafatos (Quelle: dpa)
Fotis Kafatos hat geholfen, das Erbgut der Anopheles-Mücke zu entziffernBild: picture-alliance / dpa/dpaweb

DW-WORLD.DE: Forscher der Johns Hopkins Universität haben die Ergebnisse ihrer Versuche mit neu entwickelten, malariaresistenten Moskitos veröffentlicht. Wie bewerten Sie die Studie?

Fotis Kafatos: Die Arbeit ist wichtig, weil sie die verbreitete Ansicht in Frage stellt, dass transgene Moskitos ausnahmslos eine geringere Überlebensfähigkeit haben. Die Laborexperimente zeigen, dass gentechnische Eingriffe zwar grundsätzlich zu einem biologischen Fitnessverlust führen – dass sie bei der Infektion des Moskitos mit einem Parasiten aber alles in allem vorteilhaft sein können.

Was bedeutet das?

Dieses verblüffende Ergebnis unterstützt die Idee einer Malaria-Bekämpfung durch genetisch veränderte Moskitos. Die wichtigste Voraussetzung ist aber, dass sich resistente Moskitos in Malaria-Gebieten ausbreiten und schließlich durchsetzen. Davon wäre auszugehen, wenn Tests mit weiteren genetischen Veränderungen und natürlichen Infektionen zum gleichen Ergebnis führten.

Könnte sich mit den transgenen Mücken also die Malaria besiegen lassen?

Porträt von Fotis Kafatos
Seine Karriere führte Fotis Kafatos auch in die USA und nach DeutschlandBild: ERC

Es wäre voreilig, von den vorliegenden Laborergebnissen auf die Wirksamkeit in der Natur zu schließen. Dazu müsste man eine neu gezüchtete Moskito-Population mit dem Erreger der Malaria beim Menschen (Plasmodium falciparum) anstelle des Erregers bei Nagetieren (Plasmodium berghei) infizieren.

In der Natur gibt es verschiedene Moskito-Arten, die den Parasiten in unterschiedlichen Jahreszeiten und unter unterschiedlichen ökologischen Bedingungen übertragen und die sich jeweils nur untereinander vermehren. Mehrere oder vielleicht sogar alle diese Arten müssten genetisch verändert werden, um die Ausbreitung der Malaria zu blockieren.

Werden sich diese Probleme lösen lassen?

Die vorliegende Studie ist ein Meilenstein, aber der Weg ist noch lang. Es wird noch viel geforscht werden müssen, zum Beispiel zu der Frage, ob das veränderte Gen auch unter natürlichen Bedingungen von Vorteil ist und sich in der wilden Moskito-Population ausbreiten kann – auch dann, wenn der Malaria-Auslöser gerade nur selten vorkommt.

Birgt der Einsatz genmanipulierter Tiere auch Risiken?

Es wäre an der Zeit, dass sich die gesellschaftliche Haltung gegenüber der Genmanipulation wandelt: Weg von Angst und der unbegründeten Annahme, die Technik sei von Natur aus riskant, hin zur Anerkennung der Vorteile. Dauerhaft malariaresistente, sich selbst ausbreitende Moskitos würden enormen Nutzen bringen. Diese Vorteile müssten in eine Risiko-Kosten-Nutzen-Analyse einfließen.

Worin bestehen potenzielle Gefahren?

Ein mögliches Risiko ist, dass ein Gen zwar Malaria blockiert, aber unerwartet andere Infektionen fördert, zum Beispiel mit Viren. Es gibt keine Hinweise in dieser Richtung, aber mit der Möglichkeit müssten wir uns befassen, wenn malaria-resistente Moskitos für den Einsatz in der Natur entwickelt sind – bevor sie freigelassen werden.

Fotis Kafatos ist Molekularbiologe und beschäftigt sich seit Jahren besonders mit den Genen der Anopheles-Mücke, die Malaria überträgt. Der Grieche ist Vorsitzender des wissenschaftlichen Ausschusses des Europäischen Forschungsrats.