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Freude statt Panik

13. Oktober 2008

Die Bundesregierung hat ein knapp 500 Milliarden Euro schweres Hilfspaket für den deutschen Finanzsektor beschlossen. Die Börsen reagieren euphorisch - zumal Deutschland mit seiner Rettungsaktion nicht allein dasteht.

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Ein Händler sitzt unter der Kurstafel in Frankfurt und telefoniert (Quelle: AP)
Gute Stimmung an der Frankfurter BörseBild: AP

Nach dem Vorbild von Großbritannien und Ländern der Euro-Zone wollen nun offenbar auch die USA in großem Stil bei einheimischen Banken einsteigen. Das US-Finanzministerium teilte am Montag (13.10.) mit, es arbeite derzeit an einem Programm, mit dem Aktien "von einer breiten Palette von Finanzinstituten" aufgekauft werden sollen. Nach Informationen des US-Senders CNBC arbeiten die US-Behörden zudem an einem Programm zur Absicherung von Krediten zwischen den Banken.

Auch das geschieht offenbar nach dem Vorbild des historisch einmaligen Hilfsprogramms, das die Länder der Eurozone am Sonntag auf einem Sondergipfel in Paris beschlossen hatten. Die Eurostaaten vereinbarten unter anderem die Vergabe von Staatsgarantien für Kredite zwischen den Banken. Damit soll der Interbanken-Handel wieder in Schwung gebracht werden. Dieser war im Zuge der Finanzkrise regelrecht ausgetrocknet, weil die Banken sich nicht mehr vertrauten und untereinander kein Geld mehr geliehen haben.

Bankenrettung ist nicht billig

Die konkrete Umsetzung der Stabilisierungsmaßnahmen wurde allerdings den einzelnen Ländern überlassen, damit diese den nationalen Eigenheiten ihres Finanzsystems besser Rechnung tragen können. So hat das Bundeskabinett am Montagnachmittag einen Schutzschirm für die Bankenbranche beschlossen, der ein Volumen von fast 500 Milliarden Euro umfasst.

Kernpunkt ist ein "Finanzmarktstabilisierungsfonds", der Banken gegen eine Gebühr Garantien für Wertpapiere in Höhe von bis zu 400 Milliarden Euro zur Verfügung stellen kann. Mit einer zweiten Säule soll über staatliche Beteiligungen das Eigenkapital angeschlagener Banken gestärkt werden. Hierfür stehen nach unterschiedlichen Agenturangaben zwischen 70 und 100 Milliarden Euro bereit.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bezeichnete das Rettungspaket für die deutschen Banken als "einen ersten Baustein für eine neue Finanzmarkt-Verfassung" bezeichnet. Das Gesetz solle bis Ende der Woche unter Dach und Fach sein.

Großbritannien prescht vor

Auch Frankreich hat einen Tag nach dem Krisengipfel der Eurostaaten seinen Beitrag zum Sanierungsplan auf den Weg gebracht. Das 360 Milliarden Euro schwere Paket sieht unter anderem eine Staatsgarantie zur Belebung des Kreditgeschäfts der Banken untereinander vor.

Unterdessen hat in London die britische Regierung mit der angekündigten Teilverstaatlichung angeschlagener Großbanken begonnen. Der Staat steigt mit bis zu 37 Milliarden Pfund (46 Milliarden Euro) bei der Royal Bank of Scotland (RBS), Lloyds TSB sowie der HBOS ein und wird dort Großaktionär. Premierminister Gordon Brown, der als Konsequenz aus der dramatischen Finanzmarktkrise ein insgesamt 50 Milliarden Pfund umfassendes Rettungspaket aufgelegt hat, sprach am Montag von einem beispiellosen Vorgehen, das aber im allgemeinen Interesse liege.

Euphorie statt Panik an den Börsen

Tatsächlich scheint der Plan der Eurogruppe und Großbritanniens, den Finanzmärkten gleich zu Wochenbeginn eine Beruhigungspille zu geben, zunächst aufzugehen. Die Finanzmärkte reagierten erleichtert auf die europaweiten Rettungsmaßnahmen. So stieg an der New Yorker Wall Street der Dow-Jones-Index der Standardwerte in den ersten Handelsminuten um 5,1 Prozent auf 8882 Punkte.

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Der deutsche Leitindex Dax stieg bis zum Nachmittag um elf Prozent und übersprang die 5000-Punkte-Marke. Das ist der größte prozentuale Zuwachs seit fünf Jahren. "Die Leute kaufen, was das Zeug hält", sagte ein Händler. "Vor allem natürlich die ausgebombten Finanztitel."

Ist Erholung von Dauer?

Viele Experten sind aber nicht zuletzt angesichts der durch die Finanzkrise weltweit eingebrochenen Konjunkturerwartungen skeptisch, ob diese Euphorie länger anhalten wird. Schließlich hatten die USA bereits Anfang Oktober ein Rettungspaket für den Bankensektor mit einem Volumen von rund 700 Milliarden Dollar beschlossen. Dieser Plan hatte vor allem das Aufkaufen von Wertpapieren vorgesehen, die durch das Platzen der US-Hypothekenblase massiv an Wert verloren hatten.

Doch an den Finanzmärkten hatte er ebenso nicht für nachhaltige Beruhigung sorgen können wie die konzertierte Leitzinssenkung führender Notenbanken der Welt in der vergangenen Woche. (ag)