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Revolution im Wintergarten

Marcus Bösch31. Oktober 2002

Kommunale Kinos präsentieren ihren bundesweiten Aktionstag in diesem Jahr auch im Web. Warum man trotz "Experiment Zukunft" dennoch selber ins Kino gehen sollte, erklärt Marcus Bösch.

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Liegt die Zukunft des Kinos im Internet?

Ein zahlendes Publikum sitzt im Berliner Varieté Wintergarten. Es ist dunkel draußen und die Brüder Max und Emil Skladanowsky schicken sich an, erstmals kurze Filmsequenzen vorzuführen. Auf der Leinwand erscheinen das "kämpfende Känguru", der "ringende Weltmeister" und eine Schar Kinder, die sich im "italienischen Bärentanz" üben. Die Resonanz ist famos und die Geschichte des Kinos beginnt.

Via Computer und Internet

In Erinnerung an die weltweit erste Vorführung bewegter Bilder im Jahr 1895 veranstalten die knapp 160 im Verband der Kommunalen Kinos vertretenen Lichtspielhäuser jährlich einen bundesweiten Aktionstag. Die diesjährige Veranstaltungen sprengen dabei allerdings den gewohnten Kinorahmen. Nicht nur weil der "Aktionstag so groß wie noch nie wird", wie der Geschäftsführer des Bundesverbandes der Kommunalen Filmarbeit Ekkehard Schleifer verspricht.

Dieses Jahr haben sich die Verantwortlichen nämlich an die Tüftler des Karlsruher Zentrums für Kunst und Medientechnologie (ZKM) gewandt. Herausgekommen ist das "Experiment Zukunft". Statt gewöhnlicher Filmvorführungen aus den klassischen Genres Dokumentar-, Kunst- und Experimentalfilm werden 21 kommunale Kinos am 31. Oktober 2002 via Computer und Internet einen "live stream act" aus dem Karlsruher ZKM per Beamer auf die Leinwände übertragen.

Film Shoot Shoot Shoot Freunde der Deutschen Kinemathek
ExperimentalfilmBild: Freunde der Deutschen Kinemathek

16mm, 35mm, Flash

Was man sich darunter vorzustellen hat? Statt klassischer Filmformate wie 16 oder 35 Millimeter finden Internetformate wie "Flash" ihren Einsatz. Es geht um nichts weniger, als um "eine neue Ästhetik der bewegten Bilder, über die die Kinogemeinde informiert werden soll", wie Susanne Ackers vom ZKM im Gespräch mit DW-WORLD erklärt. Experten wie Dr. Karin Wehn von der Universität Leipzig und Medienkünstler wie David Larcher von der Kunsthochschule für Medien in Köln wollen künstlerische Anwendungen des "Streaming" vorstellen.

Virtuelle Communities, Beispiel DW-3D

Unter "Streaming" versteht man das digitale Versenden von komprimierten Video- und Audiopaketen über jegliche Art von Netzwerk. Dank günstiger Hardware ist die Übermittlung von Daten dabei wesentlich billiger als bei Satellitenübertragungen und auch mit einem weniger leistungsfähigem Modem möglich. "Streaming"-Technologie findet inzwischen breite Verwendung, auch auf DW-3D, der 3D Community der Deutschen Welle.

Tradition & Brause

Film Shoot Shoot Shoot Freunde der Deutschen Kinemathek
im Kino...Bild: Freunde der Deutschen Kinemathek

Bei dem Aktionstag der Kommunalen Kinos geht es aber nicht darum, "den User vor dem heimischen PC zu erreichen", wie Ackers erzählt. Denn im Mittelpunkt soll explizit das "Kino als traditioneller Ort" stehen. Wer ruckelnde Bilder am heimischen Laptop gewöhnt ist, wird sich auch in der Tat freuen mit "Flash" gebastelte Filme auf der Großleinwand zu sehen – inklusive Popcorn und Brause.

Wer trotzdem lieber am Schreibtisch sitzt, kann sich beispielsweise beim Online-Kurzfilmfestival "shorts-welcome" einen ersten Überblick verschaffen. Schöner ist es aber bestimmt im Kino.