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Richterin: Pistorius ist kein Mörder

11. September 2014

Im Prozess gegen Oscar Pistorius ist der Vorwurf des vorsätzlichen Mordes wie auch des Totschlags vom Tisch. Nun droht dem einstigen südafrikanischen Sportidol eine Haftstrafe wegen fahrlässiger Tötung.

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Südafrika Mordprozess Oscar Pistorius Gericht in Pretoria 11.09.2014 (Foto: Reuters)
Bild: Reuters/P. Magakoe

Der südafrikanische Paralympics-Star Oscar Pistorius wird weder wegen vorsätzlichen Mordes noch wegen Totschlags an seiner Freundin Reeva Steenkamp für schuldig gesprochen. Dies erklärte Richterin Thokozile Masipa am High Court in Pretoriain ihren mehrstündigen Ausführungen. Die Urteilsverkündung soll am Freitag erfolgen. Wahrscheinlich ist nun eine Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung, denn die Richterin bescheinigte dem 27-Jährigen, die Waffe in jener Nacht "bewusst" verwendet zu haben. Dafür drohen Pistorius mehrere Jahre Gefängnis, es könnte aber auch eine Geldstrafe oder Gemeindearbeit bedeuten.

Pistorius brach während des Vortrags in Tränen aus. Der Angeklagte wurde von einem Weinkrampf geschüttelt und war erkennbar nahe an einem Zusammenbruch, als Masipa den Hergang der Tat mit ihren Worten schilderte und rechtlich einordnete.

Richterin Thokozile Masipa bei der Urteilsverkündung im Pistorius-Prozess (Foto: DPA)
Reeva Steenkamp starb in der Nacht zum 14. Februar 2013Bild: LUCKY NXUMALO/AFP/Getty Images

Als Pistorius in der Nacht zum 14. Februar 2013 seine Lebensgefährtin durch vier Schüsse durch die geschlossene Toilettentür getötet hatte, habe er die Schüsse bei vollem Bewusstsein abgegeben. "Der Angeklagte hat die Waffe benutzen wollen", sagte Masipa. Dass er aber auch wusste, dass sich hinter der Tür seine Freundin befand, habe sich nicht beweisen lassen. "Die Schuld ist nicht ausreichend bewiesen, es gibt nur Indizien", führte Masipa aus. Zuvor hatte die Richterin bereits erklärt, dass Aussagen verschiedener Zeugen der Anklage nicht verlässlich gewesen seien.

Zweifel an Schüssen und Frauenschreien

Bei einigen Schüssen, die Zeugen gehört haben wollen, habe es sich um Schläge mit einem Kricketschläger gehandelt. Auch die Aussagen zweier Nachbarn, sie hätten zwischen den Schüssen Frauenschreie gehört, hätten nicht zweifelsfrei dargelegt werden können. "Ich bin der Ansicht, dass die Zeugen nicht unterscheiden konnten, was sie selbst wahrgenommen haben oder von anderen gehört oder der Presse entnommen haben", sagte Masipa, die auch der zeitlichen Darstellung des Ablaufes der Mordnacht durch die Verteidigung folgte. Die Anklage haben daran keine Zweifel wecken können.

Reeva Steenkamp (Foto: LUCKY NXUMALO/AFP/Getty Images)
Richterin Thokozile MasipaBild: picture-alliance/K. Ludbrook

Der 27-Jährige Oscar Pistorius wird beschuldigt, Reeva Steenkamp absichtlich durch Schüsse durch die geschlossene Toilettentür seines Hauses getötet zu haben. Der Angeklagte beteuert, er habe hinter der Tür einen Einbrecher vermutet und sich und Steenkamp schützen wollen. Insgesamt feuerte er vier Schüsse ab.

Pistorius drohen bei nachgewiesenem Vorsatz bis zu 25 Jahre Haft. Dies ist allerdings nach dem Ausführungen der Richterin nicht wahrscheinlich. Bei Totschlag steht eine Strafe von bis zu 15 Jahren im Raum.

Zwischen Seifenoper und Reality-TV

Der weltweit viel beachtete Prozess hatte am 3. März dieses Jahres begonnen. An 41 Verhandlungstagen wurde 40 Zeugen vernommen. Die Live-Übertragungen aus dem Gerichtssaal machten das Verfahren zeitweise zu einer Mischung aus herzzerreißender Seifenoper und schockierendem Reality-TV.

Pistorius hatte kurz vor Beginn der Urteilsverkündung um 9.30 Uhr den Gerichtssaal in einem dunklen Anzug mit dunkler Krawatte betreten und unter anderem seinen Bruder Carl lange umarmt. Auf dem Weg zu seinem Platz musste der sechsmalige Paralympic-Gewinner an den Angehörigen von Reeva Steenkamp vorbei. Er begrüßte diese mit einem leisen "Good morning". Nachdem er seinen Platz eingenommen hatte, folgte er regungslos den Erklärungen von Richterin Masipa.

sti/cr (dpa, afp, sid)