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Der Countdown läuft!

20. Januar 2009

Aufregung in Washington kurz vor der Amtseinführung des neuen Präsidenten Barack Obama. Die Behörden der US-Hauptstadt erwarten bis zu zwei Millionen Besucher - so viele wie bei keinem Präsidenten zuvor.

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Obama-Kitsch (20.01.2009, AP)
Mit Spannung erwartet: Die Amtseinführung ObamasBild: AP
Menschenmengen auf der National Mall in Washington (20.01.2009, AP)
Menschenmengen auf der National Mall in WashingtonBild: AP

Der Countdown läuft: Die Obama-Euphorie erreicht an diesem Dienstag (20.01.2009) neuen Höhepunkt. Schon Stunden vor der Vereidigung Obamas auf den Stufen des Kapitols sind hunderttausende Menschen in die Washingtoner Innenstadt geströmt. Die National Mall, die drei Kilometer lange Parkanlage zwischen Kapitol und Lincoln-Denkmal, war voller Menschen.

Bis zu zwei Millionen Schaulustige werden erwartet, wenn Barack auf den Stufen des Kapitols die Eidesformel spricht, in einer Parade durch die Stadt fährt und schließlich ins Weiße Haus einzieht. Die Behörden in Washington rechnen allein mit tausenden Reisebussen aus den ganzen USA, die Obama-Fans in die Stadt bringen. Es wird das größte Spektakel, das die US- Hauptstadt je gesehen hat mit mehr als 40.000 Soldaten und Polizisten im Einsatz.

Michelle und Barack Obama erreichen St. John's Episcopal Church (20.01.2009, AP)
Michelle und Barack Obama erreichen St. John's Episcopal ChurchBild: AP

Obama besucht vor Vereidigung Gottesdienst

Kurz vor 9 Uhr Ortszeit haben sich Barack Obama und seine Frau Michelle in Washington zu einem Gottesdienst eingefunden. An dem traditionellen Kirchgang in der St. John's Episcopal Church, die auch als "Gotteshaus der Präsidenten" bekannt ist, nahmen auch der künftige Vizepräsident Joe Biden und dessen Frau Jill teil.

Danach sind die Obamas zu einer Zusammenkunft mit dem scheidenden Präsidenten George W. Bush und Frau Laura im Weißen Haus eingetroffen.

In Washington herrscht derweil Volksfeststimmung. Immer wieder bricht Jubel aus. Nach Schätzungen der Polizei wird die Zahl der Menschen spielend die Rekordzahl von 1,2 Millionen Schaulustigen übertreffen, die bei der Amtseinführung Lyndon B. Johnsons 1965 gezählt wurden. Und sie müssen sich dick anziehen: In Washington herrschen eisige Temperaturen von -6 Grad Celsius.

Die Einwohner der Millionenstadt rechnen mit starken Behinderungen. So sind alle Brücken vom Nachbarstaat Virginia stadteinwärts für den Autoverkehr gesperrt, ein Großteil der Innenstadt wird zur Sicherheitszone, und zwei U-Bahnhöfe an der Prachtmeile National Mall sind die meiste Zeit geschlossen. Viele Taxifahrer wollen nicht normal arbeiten, weil sie wegen der Sperrungen ohnehin nicht ans Ziel kommen würden und viele von ihnen die Amtseinführung verfolgen wollen.

Eid auf die Lincoln-Bibel

Obama und sein Stellvertreter Joe Biden besuchen am Dienstag zuerst einen Gottesdienst in der evangelischen Kirche St. John's nahe dem Weißen Haus. Danach werden sie gemeinsam Bush im Weißen Haus besuchen. Zur Kaffeestunde im Blue Room kommen auch die Ehefrauen von Bush, Obama und Biden sowie Vertreter des Kongresses hinzu.

Freiwillige bemalen eine Wand mit zwei Gesichtern: Martin Luther King und Obama (19.01.2009, AP)
Freiwillige bemalen eine Wand mit zwei Gesichtern: Martin Luther King und ObamaBild: AP

Einen Tag nach dem Gedenktag für den Bürgerrechtler Martin Luther King spielt Obamas dunkle Hautfarbe bei der Amtseinführung eine wichtige Rolle. Das Capitol, vor dem Obama seinen Eid leisten wird, wurde von Sklaven miterbaut. Der 47-Jährige wird den Schwur auf dieselbe Bibel leisten, mit der 1861 Abraham Lincoln vereidigt wurde - der Präsident, der die Sklaverei in den gesamten USA abschaffte.

Obama-Fanartikel boomen

Obama-Fanartikel in einem Geschäft in Washington (19.01.2009, AP)
Riesenfreude und ein Riesengeschäft - Obama-Kkitsch überallBild: AP

Auf T-Shirts und Ansteckern, Fingernägeln und Skateboards, Tellern und Münzen, Kugelschreibern und Wanduhren - überall ist Obama. In den unzähligen Souvenirshops Washingtons, an Straßenständen und bei fliegenden Händlern werden Erinnerungsstücke aller Art zur historischen Vereidigung des ersten schwarzen US-Präsidenten angeboten.

Im Souvenirshop "Political Americana" unweit des Weißen Hauses wird vom Kaffeebecher über Schokoladen-Obamas bis hin zum Golfball und Halsketten fast jedes denkbare Souvenir mit dem Antlitz oder dem Namenszug des künftigen Präsidenten angeboten. "Am besten verkauft sich der Wackelkopf-Obama", verriet Geschäftsführer Jim Warlick. Seit der Vereidigung Ronald Reagans 1981 eröffnet Warlick alle vier Jahre Läden mit präsidialem Kitsch und Kram. Der "Hype", die ungewöhnliche Aufgeregtheit um Obama aber, ist selbst für den erfahrenen Kaufmann etwas Besonderes.

Obdachlose müssen weichen

Paul Locke verkauft Obama-Anstecker (19.01.2009 AP))
Paul Locke verkauft Obama-AnsteckerBild: AP

Glanz und Elend liegen bei der Amtseinführung von Barack Obama nahe beieinander. Auf Anordnung der Behörden mussten vor den Feiern zum Regierungswechsel hunderte Obdachlose ihre Notquartiere in den Straßen der Innenstadt von Washington räumen. "Uns wurde gesagt, dass wir erst am Donnerstag wiederkommen dürfen", berichtet der 37-jährige Frank Mearns, dessen provisorische Schlafstatt mitten in jener Sicherheitszone liegt, die während der Obama-Feiern für den Verkehr gesperrt ist. In der Innenstadt Washingtons leben Schätzungen zufolge etwa 1200 Menschen auf der Straße.

Die Kosten für Obamas Amtseinführung werden auf mehr als 75 Millionen Dollar geschätzt - eine Zahl, die David Pirtle zornig macht. "Das zeigt doch unsere Prioritäten: Wir schmeißen eine Millionenparty und wollen gleichzeitig die Armen und Obdachlosen unter den Teppich kehren", sagt der Ex-Obdachlose, der nun als Sozialarbeiter tätig ist. Bei den Feiern zur Inauguration von George W. Bush 2005 habe er noch auf der Straße gelebt, damals habe es "keine so weit reichenden Säuberungen gegeben wie heute", berichtet er. Die Stadtverwaltung richtete für Obdachlose 2800 Notbetten ein - samt Zugang zu Fernsehern, um Obamas Vereidigung live verfolgen zu können.

Für das Familienalbum: Ein Bild mit Papp-Obama (19.01. 2009, AP)
Für das Familienalbum: Ein Bild mit Papp-ObamaBild: AP

Die Erwartungen an Präsident Obama sind so groß wie selten bei einer Amtseinführung: Die USA leiden unter einer Rezession, die Amerikaner sind kriegsmüde von den Einsätzen im Irak und in Afghanistan und wünschen sich einen Wechsel nach acht Jahren unter der Regierung Bush. Obama ist bei 52 Prozent der Bevölkerung beliebt - der Anteil ist damit noch größer als bei der Wahl im November.

Familie Bush zieht nach Dallas

Nach der Amtseinführung Obamas wird Ex-Präsident George W. Bush mit einem Hubschrauber zum Luftwaffenstützpunkt Andrews in der Nähe der Hauptstadt fliegen und von dort in der Präsidentenmaschine nach Midland in Texas, wo er viele Jahre seines Lebens verbrachte. Der Flug hat aber nicht mehr den Funkrufnahmen Air Force One - dieser ist Maschinen vorbehalten, mit denen Bushs Nachfolger reist. In Midland werden zu einer Kundgebung tausende Bush-Fans erwartet.

Danach wird Bush auf seine Ranch in Crawford reisen, wo er allerdings nicht mehr lange wohnen wird. Die Familie hat sich ein Haus in einem Vorort der Großstadt Dallas gekauft. Für Obama und Biden endet der Tag mit dem Besuch von zehn Bällen und Feiern bis tief in die Nacht. Nach ein paar Stunden Schlaf erwartet Obama am Mittwoch ein arbeitsreicher Tag. (vem)