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Riesenwellen aus dem All orten

Sonia Phalnikar30. Juli 2004

Erzählungen von 50 Meter großen Wellen galten bisher als originelles Seemannsgarn. Erkenntnisse von Satelliten der Europäischen Weltraumorganisation zeigen: Es gibt viel mehr davon, als angenommen.

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Zwei große Schiffe sinken jede WocheBild: AP

Mehr als 200 schwere Frachtschiffe sind in den letzten beiden Jahrzehnten gesunken. Einige davon könnten Opfer von bis zu 50 Meter hohen Riesenwellen geworden sein, so die Europäische Weltraumorganisation (ESA). Die Erkenntnisse resultieren aus Daten, die von den ESA-Satelliten ERS-1 und ERS-2 stammen. Die beiden Satelliten überwachen routinemäßig die Ozeane durch Radar.

Rätselhaftes Verschwinden

ERS-2 satellit ESA
Ein ERS-2 Satellit im AllBild: ESA

Die Satelliten wurden im Rahmen des "MaxWave"-Projekts eingesetzt, das 2000 von einem Konsortium von elf Organisationen aus sechs EU-Ländern eingerichtet worden war. ERS-1 und ERS-2 sollten die hartnäckigen Gerüchte untersuchen, nach denen Riesenwellen für das rätselhafte Verschwinden von Schiffen verantwortlich seien. Die meisten Meereswissenschaftler hatten diese Gerüchte als reine Phantasie abgetan.

"Zwei große Schiffe sinken jede Woche im Durchschnitt", sagt Wolfgang Rosenthal vom GKSS Forschungszentrum Geesthacht: "Aber die Ursache wird nie so genau untersucht wie bei einem Flugzeugunglück. Es wird einfach aufs 'schlechte Wetter' geschoben."

Revolutionäre Daten

2001 beispielsweise trafen die zwei Touristenkreuzer "Bremen" und "Caledonian Star" im Südatlantik auf 30 Meter hohe Wellen. Letztere trieb zwei Stunden ohne Antrieb oder Steuerung dahin. "Die Zwischenfälle ereigneten sich weniger als 1000 Kilometer voneinander entfernt", sagt Rosenthal. "Die gesamte Elektronik der 'Bremen' fiel aus, als sie in den Wellen trieb. Und bis sie wieder ansprang, dachte die Crew, es könnte der letzte Tag in ihrem Leben sein."

Obwohl Wissenschaftler sich aufgrund von Messungen der Existenz des Phänomens Riesenwelle bewusst sind, hatten Statistiken bisher gezeigt, dass es keine bedeutenden Abweichungen vom normalen Seegang gäbe und dass Riesenwellen sowieso nur etwa alle 10.000 Jahre vorkämen. Die neuen von den ESA-Satelliten gesammelten Daten aber widerlegen diese Theorie. Die Satelliten erstellen alle 200 Kilometer Bilder von zehn mal fünf Kilometer großen Ausschnitten der Wasseroberfläche.

Weltweiter Riesenwellen-Atlas

Wellen Wasser Schwimmen Australien Wassertropfen
RiesenwelleBild: AP

Ungefähr 30.000 Einzelbilder wurden von diesen beiden Satelliten 2001 innerhalb eines Zeitraums von drei Wochen gemacht. Während dieser Zeit erfassten sie zehn Riesenwellen, von denen alle über 25 Meter hoch waren. "Damit haben wir bewiesen, dass die Riesenwellen existieren", sagt Rosenthal:"Der nächste Schritt ist, zu analysieren, ob sie vorhergesagt werden können."

In der nächsten Forschungsphase werden in einem Projekt namens "WaveAtlas" die ERS-Bilder aus zwei Jahren verwendet, um für statistische Analysen einen Weltatlas über das Vorkommen von Riesenwellen zu erstellen. Ziel wird es sein, die Gründe für die Katastrophen verursachende Naturerscheinung herauszufinden und darüber Aussagen zu machen, welche Regionen der Erde besonders gefährdet sind.