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Ringen um die Finanzierung

29. Oktober 2009

Neben Personalfragen und Verfassungsreform steht auch das Thema Klimaschutz ganz oben auf der Agenda für das Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union in Brüssel.

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Satellitenfoto der Erde mit Blick auf Europa (Foto: Helmholtz-Gemeinschaft und Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt)
Drängendes Gipfelthema: KlimaschutzBild: DLR

Klimaschutz ist teuer, und vor allem deshalb gibt es in der Europäischen Union Zank. Knackpunkte sind die interne Lastenverteilung und die Höhe der Hilfszahlungen für die Entwicklungsländer. EU-Umweltkommissar Stavros Dimas bringt das Problem auf den Punkt: "Kein Geld, keine Einigung", sagt er. "Ohne Geld auf dem Tisch für die Verhandlungen in Kopenhagen werden wir keine Einigung erzielen."

Zuletzt scheiterten die EU-Finanzminister beim Versuch, sich auf konkrete Finanzhilfen für die Entwicklungsländer zu einigen. Angeführt von Polen verweigerten neun EU-Mitgliedsstaaten aus Ost- und Mitteleuropa klare Zusagen, weil die Aufteilung der hohen finanziellen Belastungen noch nicht geklärt ist. Bei ihrem Gipfeltreffen in Brüssel sollen die Staats- und Regierungschefs der EU deshalb ein Machtwort sprechen, um der schwedischen Ratspräsidentschaft ein klares Verhandlungsmandat für die Weltklimakonferenz in Kopenhagen mitzugeben. "Wir müssen eine Einigung bei der Lastenteilung finden, und Solidarität untereinander, vor allem aber mit den Entwicklungsländern demonstrieren", fordert EU-Parlamentspräsident Jerzy Buzek.

Erst Beschlüsse, dann Geld

Auf der Suche nach einem geeigneten Kompromiss könnten finanzielle Zusagen der reicheren EU-Länder an neuere Mitgliedsstaaten verbunden sein: Polen zum Beispiel fordert EU-Hilfen für die Sanierung seiner Kohlekraftwerke. Zur Unterstützung der Entwicklungsländer werden Schätzungen zufolge bis 2020 jährlich rund 100 Milliarden Euro benötigt. Wie viel davon künftig die EU übernehmen kann und will ist noch strittig. Die EU-Kommission schlug eine Summe von jährlich 15 Milliarden Euro vor, das Parlament forderte 30 Milliarden.

EU-Parlamentspräsident Jerzy Buzek (Foto: AP)
EU-Parlamentspräsident Jerzy BuzekBild: AP

"Es geht um viel Geld", gibt Jerzy Buzek zu. "Ich verstehe, dass wir eine Wirtschaftskrise haben und sage ganz offen, dass in Zeiten der Krise so eine Entscheidung sehr schwierig für die Regierungen ist." Während Buzek sich nach dem EU-Gipfel ein klares Angebot der Europäer für den Klimagipfel in Kopenhagen erhofft, wollen mehrere Staaten, darunter Deutschland, wollen nicht zu früh konkrete Zahlen nennen. "Wenn man jetzt 50 Milliarden anbietet werden die Entwicklungsländer 100 Milliarden fordern", sagt der konservative Europaabgeordnete Werner Langen. "Man muss zuerst die Bereitschaft haben, konkrete Beschlüsse mitzumachen und dann erst kann man meiner Meinung nach über Geld reden."

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso hofft auf eine Einigung, denn weltweit seien die Europäer als Vorreiter in punkto Klimaschutz klar in der Pflicht: "Wir sind die ersten, die glaubwürdig die Bereitstellung von Finanzmitteln zur Abschwächung der Folgen den Klimawandels in Entwicklungsländern darlegen. Ich hoffe wirklich, dass wir dies beim EU-Gipfel festzurren können: Einen starken Vorschlag für das Treffen in Kopenhagen!"

Frage nach den Emissionsrechten

rauchende Fabrikschornsteine (Foto: dpa)
Ziel: ein Fünftel weniger EmissionenBild: picture-alliance/ dpa

Bei der Emissionsreduzierung sind die Ziele bereits klar: EU-weit soll der Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase bis zum Jahr 2020 um ein Fünftel reduziert werden - im Vergleich zu den Werten von 1990. Weltweit macht dies jedoch nur knapp drei Prozent weniger aus. Die Reduzierung des CO2-Ausstoßes soll künftig nicht nur für die Industrie sondern auch für den Schiffs- und Flugverkehr gelten. Sollten andere Länder mitziehen, würde die EU in Kopenhagen anbieten, bis 2020 sogar 30% weniger Kohlendioxid auszustoßen. Zudem wollen sich die Europäer bei der Klimakonferenz dafür einsetzen, dass die Industriestaaten sich bis 2050 auf eine Reduzierung von über 80 Prozent verpflichten und selbst gegenüber den USA und China mit gutem Beispiel vorangehen.

Die schwedische Außenministerin Cecilia Malmström appellierte an die Mitgliedsstaaten, eine Entscheidung über die interne Lastenteilung voranzutreiben. "Wir müssen das bald tun. Unsere Kinder können nicht darauf warten, dass wir die Zahlen auf die Reihe bekommen haben. Wir müssen ein starkes Signal für die internationalen Verhandlungen aussenden und ich hoffe, dass der Europäische Rat am Donnerstag und Freitag eine Lösung findet." Ungelöst bleibt allerdings die Frage, wie nach 2012 mit den nationalen Emissionsrechten verfahren werden soll, die jeder Staat gemäß dem Kyoto-Protokoll zur Verfügung hat. Auch hier spielt Polen eine zentrale Rolle. Denn das Land hat wegen des Niedergangs der Schwerindustrie seit 1990 so viele ungenutzte Emissionsrechte übrig, dass es diese nun zum Teil für zweistellige Millionenbeträge an Irland oder Spanien verkaufen will.

Wenn die Europäische Union sich nicht darauf einigen kann, diese Rechte mit dem Ablauf des Kyoto-Protokolls verfallen zu lassen, würde Polen zum Präzedenzfall: Dann könnten auch Russland und die Ukraine milliardenschwere, alte Emissionsrechte auf den Weltmarkt werfen und somit ein neues Klimaschutzabkommen praktisch wertlos machen.

Autorin: Susanne Henn
Redaktion: Andreas Ziemons