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"Unsere Länder müssen nicht immer einig sein"

10. Mai 2015

Vor seinem Besuch in Deutschland hat sich Israels Präsident Rivlin zu den Beziehungen beider Länder geäußert. Seine Ansichten zur Zwei-Staaten-Lösung im Nahen Osten stießen bereits auf Kritik.

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Der israelische Präsident Reuven Rivlin (Foto: picture-alliance/dpa/A. Sultan)
Bild: picture-alliance/dpa/A. Sultan

"Freundschaftlich und solide" - so hat Israels Präsident Reuven Rivlin die deutsch-israelischen Beziehungen beschrieben kurz vor seinem Besuch in Berlin. In einem Interview mit dem Zweiten Deutschen Fernsehen sagte Rivlin, 50 Jahre nach Aufnahme der diplomatischen Beziehungen könnten beide Staaten "als Freunde akzeptieren, dass wir nicht immer einer Meinung sind". Deutschland müsse aber auch verstehen, dass "die Notwendigkeit Israels, sich zu verteidigen, zu Entscheidungen führen kann, die für Europa nicht immer akzeptabel sind". Deutschland müsse Israel im Übrigen auch nicht "in jeder Hinsicht, um jeden Preis unterstützen".

Differenzen über Zwei-Staaten-Lösung

Diese Äußerungen sind durchaus im Zusammenhang mit der Diskussion über eine Zwei-Staaten-Lösung im Nahen Osten zu sehen. Rivlin hatte sich mehrfach dagegen ausgesprochen, die Bundesregierung favorisiert diesen Plan - wie fast alle anderen Staaten der Vereinten Nationen. Dies wird auch deutlich an der Kritik des außenpolitischen Sprechers der SPD, Niels Annen. Rivlin habe unmittelbar vor seinem Deutschlandbesuch einen eigenständigen Palästinenser-Staat als Gefahr für die Sicherheit Israels beschrieben, so Annen. "Israels Präsident belastet mit dieser Aussage einen Besuch, der im Zeichen der Freundschaft und der bilateralen Beziehungen stehen sollte." Nach Ansicht Annens gefährdet dagegen das Scheitern einer Zwei-Staaten-Lösung die Sicherheit Israels.

"Holocaust bleibt immer ein Trauma"

Es ist der erste Besuch des 75-jährigen Staatschefs in Berlin, Anlass ist die Aufnahme der diplomatischen Beziehungen Deutschlands und Israels vor 50 Jahren. In dem Interview warnt er vor einem Erstarken des Antisemitismus in Deutschland. Zu den Ursachen erklärte er: "Man sagt heutzutage oft, dass Antisemitismus aus einer Protesthaltung gegenüber Israel entsteht. Nein, diese Anti-Israel-Haltung entsteht aus Antisemitismus." Sie entstehe, weil in Israel das jüdische Volk lebe. 70 Jahre nach Kriegsende in Europa und der Kapitulation der Nazi-Regimes sagte Rivlin, der Holocaust werde "immer ein Trauma bleiben". Die heutigen guten Beziehungen zu Deutschland seien dafür "keine Entschädigung".

Atomabkommen und Waffenlieferungen

Zum Auftakt seines Besuchs wird Rivlin von Bundespräsident Joachim Gauck mit militärischen Ehren im Park von Schloss Bellevue empfangen. Danach ist eine Kranzniederlegung am Mahnmal Gleis 17 in Berlin geplant. Von dort wurden während der Nazi-Herrschaft Zehntausende Juden in Konzentrationslager deportiert. Auf der Agenda stehen auch Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier. Bei den Gesprächen dürfte es auch um das geplante und von Israel abgelehnte Atomabkommen mit dem Iran und um eine umstrittene Waffenlieferung an Israel gehen.

fab/wl (dpa, rtr)