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Robertson will Reform der Nato

Nina Werkhäuser4. November 2003

Bei seinem Besuch in Berlin plädierte Nato-Generalsekretär George Robertson für ein Ende des Streits zwischen der EU und der Nato um eine eigenständige europäische Verteidigungspolitik.

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Verteidigungsminister Struck verleiht Nato-Chef Robertson ein BundesverdientskreuzBild: AP

Europäische Armeen müssen besser ausgerüstet werden und schneller einsatzfähig sein - das forderte Nato-Generalsekretär George Robertson bei seinem Abschiedsbesuch in Berlin am Montag (3.11.2003). Dafür müssten die Nato-Mitgliedstaaten die "Nutzbarkeit ihrer Streitkräfte" verbessern und politische Entscheidungsprozesse beschleunigen. Damit wiederholte er die Quintessenz dessen, wofür er sich in seiner vierjährigen Amtszeit unermüdlich eingesetzt hat: Die Stärkung der Fähigkeiten der Nato vor allem diesseits des Atlantiks.

"Wir brauchen noch mehr einsatzfähige Truppen in diesem und jedem anderen Nato-Land, wenn wir unsere Ambitionen auch verwirklichen wollen", sagte Robertson. Es könne nicht sein, dass die Nato eineinhalb Millionen aktive Soldaten und eine Million in Reserve habe und dann sage, sie sei bereits überfordert, wenn insgesamt 55.000 europäische und kanadische Soldaten in Krisengebieten im Einsatz sind.

Europa ist noch zu schwach

Robertson treibt die Sorge um, dass die europäischen Nato-Länder militärisch noch weiter hinter den USA zurückfallen könnten. Die transatlantische Partnerschaft sei das Rückgrat der Nato, so Robertson - noch gleiche sie aber eher einer Affäre als einer Ehe. Auch der deutsche Verteidigungsminister Peter Struck sprach sich für eine Weiterentwicklung der Nato aus. Nur so könne das Bündnis für die USA weiterhin wichtig sein, und nicht etwa ersetzt werden durch ad hoc geschmiedete Militärallianzen.

Für die Europäer in der Nato ist die Forderung nach stärkerem militärischem Engagement ein zweischneidiges Schwert: Um sich im Bündnis nicht überflüssig zu machen, müssen sie enger zusammenarbeiten, andererseits sollten sie in Bereiche investieren, die sich ergänzen und dürfen ihre knappen Ressourcen nicht beim Aufbau von parallelen Strukturen verschwenden. Genau diese Gefahr sahen etwa Großbritannien und Spanien in den letzten Monaten, weil Deutschland, Frankreich und weitere Länder Beschlüsse über eigene Militärstrukturen innerhalb der EU getroffen hatten.

Afghanistan - Hauptaufgabe der Nato

Der Einsatz in Afghanistan sei weiterhin die Hauptaufgabe der Nato, sagte Generalsekretär Robertson. "Wenn wir nicht nach Afghanistan gehen, kommt Afghanistan zu uns." Truppen in den Irak zu schicken, sei derzeit nicht im Gespräch, da keine Anfrage an die Nato vorliege.

Vor allem das Engagement der Bundeswehr in Afghanistan wurde von Robertson gelobt: "Das deutsche Wiederaufbauteam, das gerade in der nordafghanischen Stadt Kundus seine Arbeit aufnimmt, ist das Pilotprojekt für unsere weiteren Anstrengungen, Afghanistan zu demokratisieren und normalisieren, damit das Land ein starkes Mitglied unserer demokratischen Gemeinschaft wird."

Großes Verdienstkreuz für Robertson

In den verbleibenden sechs Wochen seiner Amtszeit will der frühere britische Verteidigungsminister weiter dafür werben, dass die Nato das maßgebliche Sicherheitsbündnis in der Welt bleibt. Sein letzter offizieller Besuch in Berlin kam daher nicht ohne Danksagungen aus. So erhielt Robertson das Große Verdienstkreuz, einen der höchsten deutschen Orden - und dazu noch ein paar freundliche Abschiedsworte von Außenminister Joschka Fischer: "George, irgendwo werden wir uns beide auch vermissen."