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Rot-Grün übersteht Abstimmungsmarathon

Jens Thurau, Berlin17. Oktober 2003

Acht Reformgesetze standen am Freitag (17.10.) im Bundestag zu Abstimmung. Was mit großer Spannung erwartet wurde, da mehrere SPD-Abgeordnete die Vorlagen skeptisch sahen, ging undramatisch über die Bühne.

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Namentliche Stimmabgabe zur Agenda 2010Bild: AP

Die Regierung setzte am Freitag (17.10.2003) ihre Gesetze zur Arbeitsmarktreform durch: owohl die Umgestaltung der Bundesanstalt für Arbeit in eine moderne Arbeitsagentur als auch die stärkeren Anreize für Langzeitarbeitslose und Sozialhilfeempfänger, wieder einen Job anzunehmen. Dieser letzte Punkt war vor allem vielen linken SPD-Abgeordneten suspekt, zuletzt wurde die Gesetzesvorlage abgemildert, um die Kritiker zu besänftigen. Und der Kanzler drohte erneut mit dem Ende der Koalition, sollten die Gesetze keine eigene rot-grüne Mehrheit bekommen.

Auch Sozialhilfeempfänger müssen arbeiten

Am Ende zeigte er sich erleichtert, die Regierung sei handlungsfähig. "Diese Handlungsfähigkeit, die damit bewiesen ist, brauchen wir, damit wir unserem Land eine gute Zukunft geben können. Es ist jetzt Sache der Mehrheit der Union im Bundesrat, diesen notwendigen Modernisierungsprozess nicht zu blockieren", sagte Bundeskanzler Gerhard Schröder. Er zeigte sich zuversichtlich, dass die Unions-Mehrheit im Bundesrat ihre Verantwortung für das Ganze erkennen würde und nicht aus parteitaktischen Gründen "die Zukunft unseres Landes preisgibt."

Neu ist: Auch arbeitsfähige Sozialhilfeempfänger werden jetzt in Arbeit vermittelt, wer ablehnt, muss heftige Einbußen in Kauf nehmen. Aber nach der rot-grünen Vorlage müssen Menschen, die lange ohne Arbeit sind, neue Jobs nur dann annehmen, wenn dabei der ortsübliche Lohn nicht unterschritten wird. Und sie dürfen bis zu 400 Euro pro Lebensjahr ansparen, die nicht auf die staatliche Unterstützung angerechnet werden. Diese Besserstellungen waren Bedingungen der SPD-Linken für ihre Zustimmung. Aber die Union - und die muss im Bundesrat zustimmen - lehnte diese Änderungen rundheraus ab.

Steuerentlastungen schon 2004

Im Dezember 2003 soll nun im Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag ein Kompromiss gefunden werden. Schon jetzt wirbt Wirtschaftminister Wolfgang Clement für eine solche Einigung: "Wir können gerade auf diesem Feld zu einer Verständigung kommen. Die ist auch dringend notwendig. Wir sind dazu bereit. Und die Union auch. Das ermutigt mich zu sagen: Wir werden das hinbekommen." Mit der rot-grünen Mehrheit wurde auch das Vorziehen massiver Steuerentlastungen abgesegnet, die nun statt 2005 bereits Anfang 2004 greifen sollen. Allerdings: Finanzminister Hans Eichel will die Steuerausfälle, die dabei entstehen, durch das Streichen der Zuschüsse für Hausbauer und Berufspendler finanzieren. Und auch hier ist die Opposition anderer Meinung, auch hier muss die Länderkammer zustimmen.

Und so war der Abstimmungsmarathon an diesem Freitag im Bundestag nur der erste Schritt auf einem mühsamen Reformweg für Bundeskanzler Schröder. Der muss nun mit der Union Kompromisse aushandeln - und die Ergebnisse vor allem dem linken Flügel seiner Partei schmackhaft machen. Eine - vorsichtig ausgedrückt - schwierige Aufgabe.