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"Roter Block" gewinnt Wahlen in Dänemark

16. September 2011

Die Dänen sind nach links gerückt: Bei den Parlamentswahlen jagte die sozialdemokratische Spitzenkandidatin Helle Thorning-Schmidt dem rechtsliberalen Regierungschef Lars Løkke Rasmussen die Mehrheit ab.

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Helle Thorning-Schmidt jubelt und reckt einen Arm in die Luft (Foto: AP)
Die Dänen haben erstmals eine Frau zur Regierungschefin gewählt: Helle Thorning-SchmidtBild: AP/dapd

Nach zehnjähriger Regierungszeit der liberal-konservativen Regierungskoalition von Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen haben die Dänen für einen Regierungswechsel votiert. Rasmussen räumte in der Nacht zum Freitag (16.09.2011) seine Niederlage ein und kündigte seinen Rücktritt an. "Es gibt keine Basis mehr, um in der Regierung zu bleiben", sagte Rasmussen dem Privatsender TV2.

Thorning-Schmidt, die vom Frust vieler Dänen über die schwache Wirtschaftsentwicklung profitierte, jubelte vor Parteifreunden: "Wir haben es geschafft". Thorning-Schmidt hatte vor sechs Jahren als erste Frau den Vorsitz der traditionsreichen Sozialdemokraten übernommen und kann nun damit rechnen, als erste Frau an die Spitze der dänischen Regierung zu rücken. Nach einem Studium der Politikwissenschaft in Kopenhagen arbeitete sie zunächst als Beraterin für die Gewerkschaft LO, bevor sie im Jahr 1999 ins Europaparlament gewählt wurde.

Lars Løkke Rasmussen in Begleitung seiner Ehefrau (Foto: AP)
Enttäuschter Wahlverlierer: Lars Løkke Rasmussen kündigte seinen Rücktritt anBild: AP/dapd

Sozialdemokraten profitieren von Zugewinnen ihrer Partner-Parteien

Nach Auszählung fast aller Wahlzettel dürfte der von der Sozialdemokratin angeführte "Rote Block" bis zu 92 der 179 Sitze im Parlament erhalten. Der "Blaue Block" der bisherigen Mitte-Rechts-Regierung kam demnach nur auf 87 Sitze.

Obwohl die Sozialdemokraten die großen Gewinner dieser Wahl sind, müssen sie gleichzeitig einen Rückschlag verkraften: Mit einem Stimmenanteil von 24,9 Prozent erzielten sie 0,6 Prozentpunkte weniger als bei den Wahlen 2007. Es ist gleichzeitig das schlechteste Wahlergebnis für die Partei seit über hundert Jahren.

Massive Zugewinne im Mitte-Links-Lager schafften vor allem die Sozialliberalen (Radikale Venstre) und die linke Einheitsliste. Die Sozialliberalen legten um 4,4 Prozentpunkte auf 9,5 Prozent zu. Die Einheitsliste verdreifachte ihre Stimmenzahl von 2,2 auf 6,7 Prozent. Beide Parteien hatten sich seit der Regierungsübernahme durch Mitte-Rechts im Gegensatz zu den Sozialdemokraten stets von den Verschärfungen in der Ausländerpolitik distanziert. Die ebenfalls zum neuen Regierungslager gehörenden Volkssozialisten bekamen 9,2 Prozent der Stimmen nach 13 Prozent im Jahr 2007.

Dänen verlassen eine Wahlkabine (Foto: dpa)
Wirtschaftsthemen bestimmten den Wahlkampf in DänemarkBild: picture alliance/dpa

Rasmussens rechtsliberale Partei (Venstre) verteidigte zwar ihre Position als stärkste Kraft im Parlament mit 26,7 Prozent. 2007 hatte sie 0,4 Prozentpunkte weniger eingefahren. Aber die Konservativen, mit denen Rasmussen eine Minderheitsregierung gebildet hatte, stürzten in der Wählergunst ab und kamen nur noch auf 4,9 Prozent der Stimmen. 2007 hatten sie bei 10,4 Prozent gelegen. Auch die Mehrheitsbeschafferin der bisherigen Koalition, die rechtspopulistische Partei DF, musste mit 12,3 Prozent (2007: 13,9 Prozent) Verluste hinnehmen. Sie hatte sich unter der Führung der Rechtsliberalen als treibende Kraft hinter der betont harten Kopenhagener Ausländerpolitik profilieren können.

Wirtschaftsthemen dominierten Wahlkampf

Dänemark ist zwar nicht Mitglied der Euro-Zone und hat deshalb - anders als Deutschland - nicht mit innenpolitischen Verwerfungen durch die umstrittene Rettung hoch verschuldeter Länder wie Griechenland zu kämpfen. Doch die Krise hat Dänemark ein Haushaltsdefizit eingebrockt. Der Wahlkampf konzentrierte sich daher vor allem auf Wirtschaftsthemen. Während Rasmussen sich dafür stark machte, die Staatsausgaben zu verringern, um einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen, plädierten die Sozialdemokraten dafür, die Wirtschaft mit zusätzlichen Ausgaben von rund 18 Milliarden Kronen (etwa 2,4 Milliarden Euro) anzukurbeln. Finanziert werden sollen die Mehrausgaben durch eine Erhöhung der Wochenarbeitszeit um eine Stunde.

Autor: Martin Schrader (afp, dpa, rtr)
Redaktion: Rainer Esser