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Feinster Rumpel-Fußball

Sarah Faupel26. Juni 2008

Nach dem Sieg der deutschen Fußball-Nationalmannschaft über die Türkei verwandeln tausende Fans die Museumsmeile in Bonn in eine Partymeile. Das Leiden der 90 Minuten zuvor ist vorbei und vergessen.

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(AP Photo/Murad Sezer)
Siegestrunken: die deutschen FansBild: AP

Autokorsos, Hupkonzerte, Fangesänge. Nach dem Abpfiff des Halbfinalspiels Deutschland – Türkei feiern die 8000 Fans, die auf dem Museumsplatz auf drei Leinwänden das Spiel verfolgt haben, ausgelassen den Sieg ihrer Mannschaft. Wohin der Blick auch geht: schwarz-rot-goldene Fahnen.

Auf der Hauptstrasse geht nichts mehr, die Fans haben das Steuer übernommen und tanzen um die im Stau stehenden Autos herum. Die Bemühungen der Polizisten, wieder Ordnung in den Verkehr zu bringen, scheitern kläglich.

Stimmungsschwankungen

(AP Photo/Roberto Pfeil)
Schwarz-rot-goldenes Fahnenmeer in HannoverBild: picture alliance/dpa

"Das ist der Wahnsinn, der Wahnsinn", schreit ein jugendlicher Fan und hüpft wie Rumpelstilzchen auf dem Bürgersteig auf und ab. Dann umarmt und knutscht er alle, die nicht schnell genug das Weite suchen, in seinem Umfeld ab. So unbekümmert, so fröhlich sieht man die Deutschen selten – das schafft eigentlich nur die Fußball-Nationalmannschaft.

Dabei war die Leistung der DFB-Elf alles andere als überzeugend. Und das drückte anfangs auch ganz schön auf das Gemüt der Fans. Fassungslosigkeit nach dem frühen Gegentor der Türken. Erst nach dem Ausgleich erholten sich die Fans allmählich aus der Schockstarre – um dann in der zweiten Halbzeit zwischen Himmelhochjauchzend und bis zu Tode getrübt hin und her zu wechseln.

Sommermärchen - diesmal mit Happy-End?

"Das war wieder Rumpel-Fußball vom Feinsten", kritisiert ein Familienvater nach dem Abpfiff – um direkt hinterher zu schreien: "Aber egal – Hauptsache Finale". Wie schnell Fußball-Fans vergeben können – wenn die Mannschaft am Ende doch nur siegt. "Das Sommermärchen geht weiter", da sind sich die Fans allesamt einige – "diesmal mit Happy End".

Für die türkischen Fans dagegen ist der Traum vom Europameister-Titel jäh geplatzt. Tapfer hatten knapp 50 und damit zahlenmäßig deutlich unterlegene rot-weiße Anhänger in dem schwarz-rot-goldenen Hut-, Perücken- und Fahnenmeer mit "Türkiye, Türkiye"-Rufen immer wieder auf sich aufmerksam gemacht.

Faire Verlierer

(AP Photo/Franka Bruns)
Alles zittern und beten - wie hier auf der Berliner Fanmeile - half nichts: Die Türkei ist draußenBild: AP

Doch geholfen hat es nicht. Trotzdem zeigen sie sich türkischen Fans nach Spielende als faire Verlierer und singen mit den deutschen Anhängern mit.

Wer der Gegner der Deutschen nun im Finale sein wird - ob Russland oder Spanien - ist den Fans zu dieser Stunde erstmal egal. Denn jetzt wird erst mal ausgiebig gefeiert. Und überhaupt: "Wer so schlecht spielt wie wir Deutsche heute und trotzdem gewinnt, der muss einfach Europameister werden."