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Rumsfeld und die Folter: Verdeckt, verschleiert, verzögert

Daniel Scheschkewitz, Washington2. März 2005

US-Menschenrechtsorganisationen haben Klage gegen US-Verteidigungsminister Rumsfeld erhoben: Er sei verantwortlich für Folter im Irak. Ob es zum Prozess kommt, ist noch unklar.

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In Verantwortung: Donald RumsfeldBild: AP

In den USA ist wegen der Folterungen in amerikanischen Militär-Gefängnissen im Irak und in Afghanistan zum ersten Mal Klage gegen ein hohes Regierungsmitglied erhoben worden. Mehrere Menschenrechtsorganisationen haben im Namen von acht irakischen und afghanischen Männern eine Klage gegen Verteidigungsminister Donald Rumsfeld eingereicht. Rumsfeld habe unter anderem die Folterungen im Abu Ghraib-Gefängnis in Bagdad zu verantworten und habe damit gegen internationales Recht und gegen das Folterverbot in der US-Verfassung verstoßen, hieß es zur Begründung.

Herausgabe von Dokumenten

Die amerikanische Union für Bürgerrechte (ACLU) hatte zusammen mit anderen Menschenrechts-Organisationen in jüngster Zeit vor Gericht die Herausgabe von Dokumentationsmaterial über die Misshandlungen in Abu Ghraib und anderen Militärbasen erzwungen. Durch die Auswertung der Dokumente sah man sich in der Einschätzung bestätigt, dass die Vorfälle in Abu Ghraib kein isoliertes Ereignis waren.

Statt den Skandal aufzudecken und die Verantwortlichen juristisch zur Verantwortung zu ziehen, habe die Regierung von US-Präsident Bush verdeckt, verschleiert und verzögert. Daher habe man sich nun zum juristischen Vorgehen gegen den Hauptverantwortlichen entschlossen, sagt Anthony Romero, Direktor von ACLU. Man habe lange genug gewartet, bis die Regierung etwas unternimmt. "Jetzt ist unsere Geduld erschöpft." Und aus diesem Grund hätten die ACLU und "Human Rights First" Klage vor dem Bundesgerichtshof im Staate Illinois gegen Verteidigungsminister Donald Rumsfeld eingereicht. "Wir werfen ihm vor, gegen internationales Recht und gegen die amerikanische Verfassung verstoßen zu haben", sagt Romero.

Persönliche Anweisungen?

Die Klage wurde im US-Bundesstaat Illinois eingereicht, weil Rumsfeld dort seinen ständigen Wohnsitz hat. Rumsfeld soll sich sowohl als Privatperson als auch in seiner Funktion als Verteidigungsminister verantworten und wurde auf Schadensersatz verklagt. Zur Begründung hieß es, Rumsfeld habe im Dezember 2002 persönlich die Anweisung für verschärfte Verhörpraktiken in Militärgefängnissen gegeben und Beschwerden des Internationalen Roten Kreuz gegen die Behandlung der Gefangenen ignoriert. ACLU-Rechtsanwalt Lucas Guttentag vertritt die Kläger vor Gericht: "Minister Rumsfeld war es vollkommen bewusst, dass seine Anweisungen zu Folterungen führten. Er wusste außerdem, dass die Folter weit verbreitet war und er hat dennoch nichts unternommen, um dem Einhalt zu gebieten."

Auch gegen den damaligen Befehlshaber der US-Streitkräfte im Irak, General Ricardo Sanchez, und gegen die Aufsichtsbeamtin der für das Abu Ghraib-Gefängnis zuständigen Militärpolizei, Janet Karpinsky, wurde Klage eingereicht.

Der Klage angeschlossen haben sich auch zwei ehemalige Regierungsmitglieder. Der frühere Generaladvokat der US-Marine, John Hutson, und ein früherer Staatssekretär für Bürgerrechtsfragen im US-Justizministerium. Die Kläger berufen sich auf zwei Grundsatz-Entscheidungen des obersten US-Gerichtshofes. Die eine räumt auch Bürgern das Recht auf Schadenersatzklagen gegen Regierungsmitglieder ein und das andere Urteil besagt, dass auch internationale Rechtsnormen, wie das Folterverbot, vor US-Gerichten einklagbar sind.

Geschlagen, missbraucht, gedemütigt

Die Kläger, acht Männer aus dem Irak und Afghanistan haben alle bleibende Schäden aus ihrer Haft in den US-Militärgefängnissen davongetragen. Laut Gutentag wurden sie mit Messern verletzt, schwer geschlagen, sexuell missbraucht, erniedrigt und dauerhaft in Schmerzpositionen gezwungen. "Dinge, wie man sie sonst nur von Folterskizzen kennt," meint Gutentag. Sofern es zum Prozess kommt, sollen sie in die USA gebracht werden, um vor Gericht auszusagen.

Die Klage gegen Rumsfeld ist nicht die erste ihrer Art. Erst Anfang Februar hatten deutsche Gerichte eine Klage gegen Rumsfeld von amerikanischen Menschrechtsanwälten abgewiesen.