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Runter gefahren und sicher?

18. Mai 2011

Ein Störfall im derzeit abgeschalteten AKW Biblis A hat die Diskussion über Sicherheitsstandards in diesem und anderen deutschen Meilern wieder entfacht. Der Vorfall geschah 2010 und wurde erst jetzt öffentlich.

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Das von dem Stromkonzern RWE betriebene Atomkraftwerk Biblis in Südhessen. (Foto:dpa)
Störanfällig: Atomkraftwerk Biblis in SüdhessenBild: picture alliance/dpa

Der 1974 in Betrieb genommene Meiler wurde an jenem 20. Oktober 2010 routinemäßig angefahren, nachdem er wegen Wartungsarbeiten vorher abgeschaltet worden war. Bei diesem Vorgang hat aber offensichtlich eine Dichtung im inneren Reaktordruckbehälter dem Druck nicht standgehalten. Lediglich dem Umstand, dass die äußere Deckeldichtung dicht blieb, ist es zu verdanken, dass keine Radioaktivität entweichen konnte.

"Gefährlicher Störfall" oder "nicht meldepflichtig"?

Lucia Puttrich, hessische Umweltministerin, während einer Rede im Februar 2011. (Foto:dpa)
Die hessische Umweltministerin Lucia Puttrich (CDU): "Kein Störfall."Bild: picture alliance/dpa

Während die Betreibergesellschaft RWE und das hessische Umweltministerium der Auffassung sind, es habe sich nicht um einen meldepflichtigen Störfall gehandelt, prangert der Greenpeace-Atomphysiker Heinz Smital dieses Verhalten an: "Der Reaktordruckbehälter ist das Herzstück des Atomreaktors. Hier darf eine defekte Dichtung nicht ignoriert werden." Bei diesem seiner Meinung nach "gefährlichen Störfall" hätte radioaktiver Dampf "freigesetzt" werden können.

Dieser Störfall, der genauso auch in anderen deutschen Atomkraftwerken hätte stattfinden können, wirft ein Schlaglicht auf die aktuellen Diskussionen über die Zukunft der deutschen Atompolitik. Während des Moratoriums sind sieben Meiler stillgelegt und alle Reaktoren einem so genannten "Stresstest" unterzogen worden. Aber sind sie während des Moratoriums in abgeschaltetem Zustand sicher?

Sicheres Moratorium?

Monteure des Energiekonzerns EnBW arbeiten am Dienstag, 28. Juli 2009, bei sommerlichem Wetter an einer Hochspannungsleitung in Remseck bei Stuttgart, Baden-Wuerttemberg. (AP Photo/Thomas Kienzle) ---Technicians work on a high voltage power line of German energy company EnBW in Remseck near Stuttgart, Germany, Tuesday, July 28, 2009. (AP Photo/Thomas Kienzle)
Noch fließt Atomstrom durch deutsche Hochspannungsleitungen.Bild: AP

Der Energiekonzern Vattenfall betreibt die schleswig-holsteinischen Rektoren Krümmel und Brunsbüttel. Beide sind schon seit längerem abgeschaltet. Vattenfall–Sprecherin Barbara Meyer-Bukow berichtet von zwei kleineren Mängeln, die sofort und unproblematisch behoben werden konnten. EnBW, die neben den im Betrieb befindlichen Neckarwestheim 2 und Philippsburg 2, auch die abgeschalteten Zwillingsreaktoren betreiben, berichtet auf ihrer Homepage von einer "Schwergängigkeit im Mechanismus einer Absperrklappe eines Lüftungssystems". EnBW-Sprecherin Frederike Eggstein bestätigt zudem, dass es ansonsten "keinerlei Störfälle" gegeben hat.

Die meisten Atomkraftwerke werden in Deutschland von RWE unterhalten. Die Meiler Biblis A und B sind von der Abschaltung während des Moratoriums betroffen. Auch Eon betreibt in Deutschland Atomkraftwerke. Während des Moratoriums (15. März bis 15. Juni 2011) abgeschaltet sind die Anlagen Unterweser und Isar 1. Aber weder Eon noch RWE wollten sich auf Anfrage von DW-WORLD zu eventuellen Störfällen äußern.

Keine größeren Störfälle

Dennoch geht auch der Wissenschaftsjournalist Sönke Gäthke davon aus, dass die Abschaltungsphase während des Moratoriums bisher ohne größere Zwischenfälle verlaufen ist. "Wenn ein Reaktor runter gefahren wird, dann ist das durchaus mit Gefahren verbunden. Aber Zwischenfälle sind dabei nicht bekannt geworden."

Autor: Matthias von Hellfeld
Redaktion: Pia Gram