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Russische Kredite für Zypern?

Evlalia Samedova / Markian Ostaptschuk12. Juli 2012

Zypern leidet massiv unter Wirtschaftsproblemen. Darum hat es Russland um Kredite in Milliardenhöhe gebeten. Und es kann durchaus sein, dass Russland sie bewilligt - aus eigenem Interesse.

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Eine zyprische Ein-Euro-Münze (Foto: dapd)
Bild: dapd

Über Finanzhilfen verhandelt die Regierung in Nikosia nicht nur mit der Europäischen Kommission, der Europäischen Zentralbank und dem Internationalen Währungsfonds, sondern gleichzeitig auch mit China und Russland. Zypern, das seit dem 1. Juli die EU-Ratpräsidentschaft innehat, braucht derzeit dringend Geld - Schätzungen zufolge mindestens 10 Milliarden Euro.

Nach Medienberichten hat die zyprische Regierung inzwischen Moskau um 5 Milliarden Euro gebeten. Entsprechende Meldungen bestätigte das russische Finanzministerium bislang nicht. Finanzminister Anton Siluanow sagte nur, Russland habe Zypern bereits einen Kredit in Höhe von 2,5 Milliarden Euro gewährt. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass Zypern von Russland weitere Kredite erhält, ist nach Ansicht russischer Experten groß, denn die Wirtschaftsprobleme des Landes würden sich auf Russland negativ auswirken.

Sorge ums eigene Geld

"Zypern ist ein stabiler Wirtschaftspartner Russlands", betont der russisch-zyprische Rat für Wirtschaftskooperation. "Russland investiert in Zypern in Industrie und Landwirtschaft. Vielversprechend für russische Investoren sind Immobilien, Bauwesen und Tourismus", heißt es auf der Internetseite der Organisation. Laut Rosstat, dem russischen Statistikamt, betrugen mit Stand Ende März 2012 die russischen Investitionen in Zypern rund 23 Milliarden US-Dollar. Auf der anderen Seite investierte Zypern in der gleichen Zeit fast 69 Milliarden US-Dollar in Russland - und damit mehr als jedes andere Land. Allerdings entfällt ein Großteil der Investitionen auf russische Unternehmen, die ihren Sitz auf Zypern haben.

Eine Frau steht an einem Geldautomaten der Marfin Popular Bank (MPB) in Nikosia (Foto: dpa)
Russen fürchten Zusammenbruch zyprischer BankenBild: picture alliance / dpa

"Die größten russischen Unternehmen haben ihren Sitz auf Zypern. Dort ist es einfach, ein Gewerbe anzumelden und dort herrschen günstige Steuerbedingungen“, sagt Andrey Cherniavsky von "2K Audit - Business Consulting/Morison International" im Gespräch mit der Deutschen Welle. Dem russischen Unternehmensberater zufolge ist es nicht verwunderlich, dass Russland Zypern Kredite gewährt: "Wenn die zyprischen Banken zusammenbrechen, dann blockiert das dort das gesamte Kapital russischer Unternehmen."

Auch Erdgas ist von Interesse

Aber nicht nur deshalb ist Zypern für russische Unternehmen interessant. Das Land ist auch im Bereich der Erdgasförderung attraktiv. Im Februar dieses Jahres hatte das russische Industrie- und Handelsministerium einen Wettbewerb um mehrere Projekte zur Erschließung von Gasvorkommen in zyprischen Gewässern ausgeschrieben. 220 Milliarden Kubikmeter Erdgas sollen dort lagern. Beworben hat sich bereits die russische Gasgesellschaft Novatek.

Türkisch-zyprische Ölbohrungen in Nord-Zypern (Foto:Petros Karadjias/AP/dapd).
Türkisch-zyprische Ölbohrungen in Nord-ZypernBild: AP

Die entdeckten Vorkommen könnten Zypern zu einer wichtigen Erdgas-Region innerhalb der Europäischen Union machen, meint Tatiana Mitrova, Energie-Expertin der russischen Business School "Skolkowo". Zypern befinde sich in der Nähe der Absatzmärkte und habe somit eine günstige geographische Lage. Ferner seien die politischen Risiken in dem EU-Land trotz der schwierigen Situation im Norden der Insel geringer als in anderen potenziellen Erdgas-Förderländern in Nordafrika, dem Nahen Osten oder Lateinamerika. Allerdings bestünden noch Gefahren, sagte Mitrova der Deutschen Welle: "Es könnte Konflikte mit der türkischen Seite über die Zugehörigkeit von Öl- oder Gasvorkommen geben. Auch könnten russische Unternehmen bei Entscheidungen über strategische Investitionen in die Infrastruktur seitens der EU diskriminiert werden."

Günstiges Geschäftsklima für Russen

Traditionell groß ist Russlands Interesse am Tourismus und an Immobilien in Zypern. Rosstat zufolge ist die Anzahl der Touristen aus Russland im Jahr 2011 im Vergleich zum Vorjahr um fast 40 Prozent auf rund 324.000 gestiegen. Beim Kauf von Immobilien spielt für die Russen vor allem die Tatsache eine Rolle, dass Zypern EU-Mitglied ist. Denn diejenigen, die in Zypern Immobilien besitzen, haben das Recht, langfristige Visa zur mehrfachen Einreise zu erhalten. Und wenn eine Familie eine Immobilie im Wert ab 300.000 Euro erwirbt, kann sie sogar eine Aufenthaltsgenehmigung bekommen.

Blick auf Larnaca (Foto: Wikipedia Copyright: cc-by:Andreas2009-sa)
Larnaca auch bei Russen als Reiseziel beliebtBild: cc-by:Andreas2009-sa

Der Quadratmeter-Preis auf Zypern liegt heute bei 4.000 Euro. Experten gehen davon aus, dass die Preise auf lange Sicht noch steigen werden. Deswegen sei der Erwerb von Immobilien auch für Investoren interessant. Insgesamt hätten die zyprischen Behörden den Russen ein sehr günstiges Geschäftsklima geschaffen. "Das wird auch so bleiben“, glaubt Mitrova. Sie ist überzeugt, dass sich die Geschäftsbedingungen für russische Unternehmen in Zypern mit weiteren Finanzhilfen Moskaus an Nicosia sogar noch verbessern könnten.