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Russische Menschenrechtlerin in Workuta ermordet

28. Juli 2005

Ein Unbekannter hat in der Region Komi im nördöstlichen europäischen Teil Russlands eine engagierte Menschenrechtlerin erschossen. Kollegen und Freunde gehen von einem Auftragsmord aus – in Komi nichts Ungewöhnliches.

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Auftragsmorde auch abseits der MetropolenBild: AP

DW-RADIO sprach über den Fall mit Igor Saschin, dem Leiter des Komitees zum Schutz von Bürgerrechten der Gesellschaft Memorial in der Hauptstadt der Republik Komi, Syktywkar.

DW-RADIO/Russisch: Am Morgen des 21. Juli hat ein Unbekannter an der Wohnungstür der Menschenrechtlerin Ljudmila Scharowlja geklingelt. Als sie die Tür öffnete, gab der Unbekannte mehrere Schüsse ab. Auch ihr Sohn wurde getötet. Was könnte der Grund für die Ermordung von Ljudmila Scharowlja sein?

Igor Saschin: Wir, alle Freunde der Menschenrechtlerin in Workuta, sind der Ansicht, dass sie wegen ihrer beruflichen Tätigkeit ermordet wurde. Sie erhielt in letzter Zeit häufig telefonische Morddrohungen. Sie beschäftigte sich vor allem mit Zahlungsproblemen in der kommunalen Wohnwirtschaft. In Workuta geht es bei diesem Problem um sehr große Geldsummen. Der dortige Bürgermeister hatte eine Verordnung herausgegeben, mit der möglich wurde, für nicht erbrachte Dienstleitungen sehr hohe Geldsummen einzunehmen. Ljudmila Scharowlja klagte vor Gericht erfolgreich und half den Menschen, ihr Geld erstattet zu bekommen. Seit Januar 2005 half sie den Menschen kostenlos, Klagen einzureichen. Es handelt sich dabei um sehr viel Geld, weil die kommunalen Dienstleistungen in Workuta sehr teuer sind. Wir vermuten, dass der Mord mit dieser Sache zusammenhängt.

Man muss erwähnen, dass in der Republik Komi diese Art der Abrechnung – Morde, Brandanschläge auf Wohnungen, Häuser und Geschäfte – schon fast alltäglich geworden sind. Im Juni dieses Jahres wurden vier versuchte Morde an Unternehmern verübt. Und jetzt hat man sich die Menschenrechtler vorgenommen.

Was wollen sie jetzt unternehmen?

Wir werden uns an die Generalstaatsanwaltschaft wenden, damit in die Republik Komi unverzüglich eine Ermittlungsgruppe entsandt wird, um die Situation zu untersuchen. Bei uns geschehen schreckliche Dinge. 25 Menschen kamen bei Bränden um, die auf Konflikte zwischen Unternehmern und Banditen zurückzuführen sind. Jetzt wurde eine Menschenrechtlerin getötet. Das ist schrecklich. Die Republik Komi ist eine kriminelle Region.

Das Gespräch führte Andreas Brenner

DW-RADIO/Russisch, 22.7.2005, Fokus Ost-Südost