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Kritik von Kreml-Gegnern

13. November 2008

Die Europäische Union will ihre Verhandlungen mit Moskau über ein Partnerschaftsabkommen wieder aufnehmen. Oppositionspolitiker in Russland warnen Brüssel vor Zugeständnissen an den Kreml.

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Oppositionelle im Kreml verunstimmtBild: AP

Die russische Opposition sieht das Bestreben der EU, sich mit Moskau an den Verhandlungstisch zu setzen, nicht nur positiv. Sie ist der Auffassung, dass die Initiative der EU das autoritäre Regime des Kreml stärken könnte. Der Führer der „Vereinigten Bürgerfront“, Garri Kasparow, meint, dass die Wiederaufnahme von Verhandlungen mit Russland vor allem auf die Initiative einiger europäischer Politiker, die persönliche Interessen verfolgten, zurückzuführen sei. Dabei gehe es ihnen weniger um Russland, sondern viel mehr um die Beziehungen zum Putin-Regime. „Es ist nicht verwunderlich, dass diese Initiative insbesondere der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi intensiv durchsetzt, der keinen Hehl aus seiner engen Beziehung zu Wladimir Putin macht. Auch der französische Staatschef Nicolas Sarkozy ist daran interessiert. Er baut seine Beziehungen zu Medwedjew auf und unterstützt dabei Interessen des Unternehmens Renault“, sagte Kasparow.

Kasparow meint, Europa solle aufhören so zu tun, als würde in Russland eine normale demokratische Ordnung herrschen. Im Gegenteil: Die Anerkennung der Tatsache, dass das russische Regime nicht demokratisch ist, wäre „sehr wichtig und könnte sogar eine notwendige Bedingung für die Wiederherstellung gegenseitig vorteilhafter Geschäftsverhandlungen sein“, so der Oppositionelle.

Gegenseitige Abhängigkeiten

Das Mitglied der demokratischen Bewegung „Solidarität“, Boris Nemzow, ist überzeugt, dass Moskau die Verantwortung für die Verschlechterung der Beziehungen zu Europa trage. Seiner Meinung nach könnte ein Einreiseverbot in die EU für russische Politiker die Antwort auf die Politik des Kreml sein. „Warum kennen sie kein Maß? Weil sie keinen Widerstand spüren“, sagte Nemzow. Ungeachtet aller Forderungen nach einer multipolaren Welt versuche das Tandem Putin-Medwedjew offensichtlich, für Russland eine Führungsrolle zu erreichen, so Nemzow. Für dieses Ziel würden offen Erpressung mit Energie und Provokationen wie im Fall Georgiens eingesetzt.

Kasparow meint, im Konfliktfall müsse Europa um seine Energiesicherheit nicht bangen. „Russland ist sicherlich ein wichtiger Energielieferant für Europa. Aber es ist auch klar, dass Europa der wichtigste Abnehmer der Energie ist. Im Falle eines Kalten Krieges und der sehr unwahrscheinlichen Situation, dass die Energielieferungen gestoppt würden, wäre das für Europa schwierig, aber für Russland tödlich. Die russische Wirtschaft würde einfach kollabieren“, meint Kasparow.

Russlands Zusagen überprüfen

Nemzow rät der EU, zurzeit keine Verhandlungen mit Russland über eine strategische Partnerschaft zu führen. Er meint, man solle sich in konkreten Fragen einigen, aber man müsse „überprüfen, wie die Verpflichtungen umgesetzt werden, weil Putin und Medwedjew es gewohnt sind, den Westen zu hintergehen“. Es sei nicht auszuschließen, dass Europa nicht genug Kraft und Geschlossenheit demonstriere, um eine klare Politik gegenüber dem Kreml zu verfolgen.

Eine sehr schwierige Frage in den Beziehungen Russlands zur EU werde die Frage der nicht anerkannten Republiken Südossetien und Abchasien sein. Kasparow ist überzeugt, dass man die Erörterung dieses Problems und die Verhandlungen über die Geschäftspartnerschaft nicht vermischen sollte.

Jegor Winogradow