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Urteil gegen russische "Trollfabrik"

17. August 2015

Offiziell heißt sie Agentur für Internetforschung, vermutlich aber ist sie eine Online-Propagandastelle der russischen Regierung. Ein Gerichtsverfahren machte die "Trollfabrik" nun öffentlich bekannt.

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Symbolbild Tastatur Internet (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/N. Armer

Finanziell ist der Schaden für die St. Petersburger Internetagentur mehr als überschaubar: ein Gericht verurteilte die Einrichtung zu einer symbolischen Schadenersatzzahlung von genau einem Rubel. Zahlen muss die Agentur diese Summe an die freie Journalistin Ljudmilla Sawtschuk. Zuvor hatten sich beide Seiten außergerichtlich auf die Abfindung in Höhe eines Monatsgehalts geeinigt.

Interne Vorgänge vor Gericht öffentlich gemacht

Offiziell hatte Sawtschuk die Einrichtung wegen Verstößen gegen das Arbeitsrecht verklagt. Sie machte geltend, dass die Internetagentur ihre Mitarbeiter schwarz und ohne Vertrag beschäftigt und klagte ferner auf ein nicht ausgezahltes Monatsgehalt. Die 34-Jährige war im Frühjahr entlassen worden, nachdem sie mit ihrem Fall an die Öffentlichkeit gegangen war.

Denn darum ging es der Journalistin aus St. Petersburg eigentlich: sie habe die mutmaßliche Propagandastelle bewusst unterwandert, um die internen Vorgänge mithilfe des Gerichtsverfahrens öffentlich zu machen, erklärte Sawtschuk. Und in diesem Sinne dürfte der Schaden für die Agentur immens sein.

Ludmila Savchuk in St. Petersburg (Foto: DW)
Ljudmilla Sawtschuk unterwanderte die "Trollfabrik" und berichtete über deren Propaganda-ArbeitBild: DW/V.Izotov

Trolle loben Putin und seine Politik

Denn im Laufe des Verfahrens hatte die Journalistin und junge Mutter mehrfach darüber berichtet, sie und ihre Kollegen seien ausschließlich damit beschäftigt gewesen, in russischen und ausländischen Diskussionsforen, Chatrooms und Blogs unter verschiedenen Identitäten "Putin und seine Politik zu loben", insbesondere beim Thema Ukraine-Konflikt. Die streng abgeschottete Agentur habe dafür ein monatliches Gehalt von 40.000 bis 50.000 Rubel (640 bis 800 Euro) gezahlt.

"Ich bin sehr glücklich über diesen Sieg", sagte Sawtschuk nach der Gerichtsentscheidung der Nachrichtenagentur AFP. Durch ihre Klage auf ein nicht ausgezahltes Monatsgehalt und den Vorwurf, die Agentur beschäftige ihre Mitarbeiter schwarz und ohne Vertrag, habe sie die Internet-Trolle gezwungen, "aus dem Schatten zu treten".

Russische Trolle auf Internetseite der Bundeskanzlerin

Als "Trolle" werden Internetnutzer bezeichnet, die durch ihre Kommentare bewusst Online-Diskussionen stören und die Atmosphäre in Chatrooms vergiften. Dadurch verzerren sie nicht nur Debatten, sondern schüren auch bewusst Konflikte unter den Internet-Nutzern. Die Aktivitäten der russischen Internet-Trolle haben schon mehrere russische Medien gezwungen, Kommentarforen auf ihren Websites zu schließen. Auch der Anfang Juni eingerichtete Instagram-Kanal der Bundeskanzlerin wurde bereits von russischen Trollen mit Kommentaren überflutet - nur wenige Tage nach seiner Einrichtung.

cw/djo (afp, ape)