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Russischer Eishockey-Nachwuchs gedopt

7. April 2016

Im Trainingslager zur anstehenden U18-Weltmeisterschaft fällt der Großteil des russischen Eishockey-Teams mit positiven Meldonium-Tests auf. Der Biathlon-Weltverband setzt unterdessen alle Meldonium-Verfahren aus.

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Nach einem Eishockeyspiel liegen Handschuhe und Schläger vor dem Tor auf dem Eis (Foto: picture-alliance/dpa/M.Mokrushin)
Bild: picture-alliance/dpa/M.Mokrushin

Auch dem russischen Eishockey droht ein Dopingskandal. Eine Woche vor Beginn der U18-Weltmeisterschaft in Grand Forks in den USA ist offenbar über die Hälfte der am Trainingscamp beteiligten Nationalspieler positiv auf Meldonium getestet worden. Das berichtete der kanadische Fernsehsender TSN unter Berufung auf russische Quellen. Statt der U18 wird nun wohl die U17 bei der WM in North Dakota antreten. "Ja, wir fliegen dahin", bestätigte U17-Coach Igor Snarok, Bruder des A-Nationaltrainers Oleg Snarok, russischen Medien: "Und wir werden Medaillen holen." Das endgültige WM-Aufgebot muss bis zum 13. April bekannt gegeben werden.

Eine sehr hohe Fallzahl beim Nachweis von Meldonium im vergangenen Jahr hatte dazu geführt, dass der Wirkstoff von der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) ab dem 1. Januar 2016 auf die Verbotsliste gesetzt wurde. Die vor allem in den baltischen Staaten und Russland vertriebene Substanz soll die Durchblutung fördern und wird als Medikament bei Herzerkrankungen eingesetzt.

Weltweit sind bislang mehr als hundert Athleten positiv auf Meldonium getestet worden, darunter viele Russen. Neben Tennisstar Maria Scharapowa betrifft das auch Schwimm-Weltmeisterin Julija Jefimowa, Eisschnelllauf-Weltmeister Pawel Kulischnikow, Rad-Sprinter Pawel Jakuschewski, Wasserball-Nationalspieler Alexej Bugajtschuk und Volleyball-Nationalspieler Alexander Markin. Zuletzt wurde eine norwegische Gewichtheberin nach einem Uganda-Urlaub positiv getestet. Sie war über Neujahr bei einem Familienbesuch an Malaria erkrankt und dort ins Krankenhaus gekommen, wo man ihr Medizin mit Meldonium verabreicht hatte, teilte sie mit.

Biathlon-Verband setzt Meldonium-Verfahren aus

Unterdessen könnten die Meldonium-Verfahren im Biathlon zu Präzedenzfällen in der Sportwelt werden. Die Offiziellen wollen ihr Doping-Urteil nämlich erst dann fällen, wenn neue wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen. Bis dahin werden die Verfahren ausgesetzt. Der Biathlon-Weltverband (IBU) will das Ergebnis einer Studie der WADA abwarten, die klären soll, wie lange der Abbau des Herzmedikamentes dauert.

Rennszene Biathlon (Foto: picture-alliance/dpa/H.Schmidt)
Der Biathlon-Weltverband will genauer wissen, ob alle positiven Meldonium-Fälle wirklich Doping sindBild: picture-alliance/dpa/H.Schmidt

Das Ergebnis der Studie wird spätestens im September erwartet. Die unter Dopingverdacht stehenden Ukrainer Olga Abramowa und Artem Tyschtschenko bleiben allerdings vorerst suspendiert. Sie dürfen nicht mit ihren Teams trainieren und an Wettkämpfen teilnehmen. Neben Abramowa und Tyschtschenko waren auch der russische Junioren-Weltmeister Eduard Latypow sowie ein namentlich nicht genannter Skijäger gesperrt worden.

Der lettische Pharmahersteller Grindeks will derweil Meldonium (Markenname Mildronat) wieder von der WADA-Verbotsliste streichen lassen. "Wir hoffen, im Laufe diesen Jahres nachzuweisen, dass unser Mildronat nicht auf diese Liste muss", sagte Grindeks-Vorstandschef Juris Bundulis vor kurzem. "Dopingsünder gehören nicht in den Sport", sagte IBU-Generalsekretärin Nicole Resch. Aber in Sachen Meldonium gebe es noch zu viele offene wissenschaftliche Fragen, begründete sie die Aussetzung der Verfahren durch ihren Verband. Noch fehle die wissenschaftliche Grundlage, um ein Urteil zu fällen. Man habe sich deshalb mit der WADA in Verbindung gesetzt, um hier Klarheit zu erlangen, sagte die Juristin. In den nächsten Monaten würde nach WADA-Auskunft eine Studie vorliegen, die sich auch damit befasst, wie lange es dauert, bis das im vergangenen Jahr noch erlaubte Meldonium im Körper abgebaut wird.

Doping-Experte Sörgel verwundert

Doping-Experte Fritz Sörgel reagierte mit Verwunderung auf die Entscheidung der IBU. "Man kann die Studie machen, aber das Ergebnis ist jetzt schon klar", sagte Sörgel dem Sport-Informationsdienst (SID). Alle wissenschaftlich relevanten Punkte seien geklärt und publiziert. Die Halbwertzeit des Mittels sei kurz und liege bei unter fünf Stunden. "Selbst bei großzügiger Auslegung wird man da nach drei Tagen nichts mehr finden", betonte der Wissenschaftler.

Doping-Experte Fritz Sörgel (Foto: picture-alliance/dpa/D. Karmann)
Doping-Experte Fritz SörgelBild: picture-alliance/dpa/D. Karmann

Die IBU verteidigte ihr Vorgehen und wies in einer Mitteilung darauf hin, dass eine neue Pilotstudie die bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Abbauzeit von Meldonium in Frage stellen würde. Demnach scheint es wohl möglich, dass Athleten das verbotene Mittel vor September 2015 genommen haben, als es noch nicht auf der Verbotsliste stand. Wie die WADA erklärte, sei das Herzmittel mit Jahresbeginn auf die Verbotsliste gesetzt worden, weil es Athleten einzig und allein zur Leistungssteigerung eingenommen hätten. Die Verbände hätten zuvor drei Monate Zeit gehabt, die Maßnahme den Athleten mitzuteilen. Auf SID-Anfrage wies die WADA zudem hin, dass einzig und allein der Zeitpunkt der entnommenen Probe, und nicht der Zeitpunkt der Einnahme, für eine mögliche Sanktionierung entscheidend sei. Sollte die Abbauzeit aber tatsächlich länger dauern, könnten die gesperrten Athleten argumentieren, das Mittel schon vor September genommen zu haben. Den Verbänden würde damit möglicherweise eine Klagewelle auf Schadenersatz drohen.

Das sei aber für die IBU nicht der Grund gewesen, die Verfahren auszusetzen, wie deren Generalsekretärin Nicole Resch dem SID versicherte. "Unsere Entscheidung hat nur mit dem Fakt zu tun, dass wir korrekte Anträge stellen wollen. Und deshalb warten wir die Ergebnisse der WADA-Studie ab."

asz/og (sid, dpa)