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Russland überwindet Finanzkrise

18. August 2003

Im Sommer 1998 schockierte die Zahlungsunfähigkeit Russlands die Wirtschaftswelt. Fünf Jahre danach steht die Wirtschaft Russlands besser da: sie wächst stabil, Auslandsschulden werden zuverlässig bedient.

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Slavneft-Tankstelle: Russlands Öl und Gas stützen die WirtschaftBild: AP

Fünf Jahre nach der schweren Finanzkrise in Russland ist die Konjunktur wieder so stabil, dass sich selbst der Präsident öffentlich einen derben Scherz auf Kosten der Investoren erlaubt. Im Ton eines Märchenonkels machte sich Wladimir Putin über die Angst ausländischer Geldgeber vor dem unberechenbaren Markt Russland lustig. "Wie auch immer der Wolf sich kleidet, er wird nie eine Großmutter und frisst am Ende doch das Rotkäppchen“, scherzte Putin jüngst bei einem Treffen mit Industriellen in Moskau. Doch so wehrlos wie Rotkäppchen im finsteren Wald fühlen sich Investoren im heuten Russland längst nicht mehr.

Öl schmiert die russische Wirtschaft

Vieltelefonierer Wladimir Putin im Gespräch mit dem US-Präsidenten George W. Bush
Bild: AP

Am 17. August 1998 hatte die russische Regierung die Bedienung ihrer Schulden ausgesetzt und den stark unter Druck stehenden Rubel zur Abwertung freigegeben. Seitdem hat sich die russische Wirtschaft von den größten Rückschlägen erholt und verzeichnet deutliche Zuwachsraten. Zwar ist der erste Schub als Folge hoher Ölpreise und realer Rubelabwertung abgeschwächt, doch hat sich die russische Wirtschaft auf ein beachtliches Wachstum von knapp fünf Prozent pro Jahr eingependelt.

Der Staatshaushalt verzeichnet Überschüsse, die Inflationsrate blieb im Rahmen. Die Handelsüberschüsse sind weiterhin beachtlich. Sie belaufen sich im Jahr 2003 in den Leistungsbilanzen auf etwa fünf bis sieben Prozent des Bruttoinlandsprodukts, schätzen westliche Experten.

Ein gutes Investment

Der russische Aktienmarkt beeindruckt nach dem tiefen Fall 1998 mit konstanten Kurssteigerungen im zweistelligen Bereich. Westliche Börsenexperten sehen aber vorerst das Ende der Fahnenstange erreicht. Investoren sollten in der zweiten Jahreshälfte ihr Geld nicht unbedingt in Russland anlegen, rät Credit Suisse First Boston in einer Analyse von Ende Juli.

Als wesentliche Gründe nennen die Experten zu erwartende Gewinnmitnahmen nach den deutlichen Kursanstiegen in der jüngsten Vergangenheit. Zudem drohe durch die bevorstehenden Parlaments- und Präsidentenwahlen eine Verwässerung der Reformpolitik, was zu Unsicherheiten am Markt führe. Dass der um eine Annäherung an den Westen und weitere Reformen bemühte Präsident Putin im kommenden März wiedergewählt wird, steht jedoch derzeit außer Frage.

Hausaufgaben

Horrorszenarien wie im August 1998 mit Zahlungsunfähigkeit von Staat und Banken schließen Wirtschaftsexperten im Moment aus. „Im Verlauf des nächsten Jahres ist eine Zahlungsunfähigkeit in unserem Land unmöglich. Russland hat jetzt nicht so enorme Verpflichtungen, die es nicht bedienen kann“, urteilt Sergej Aleksaschenko, Vize- Generaldirektor der Finanzholding Interros. Die Auslandsverschuldung ist den vergangenen Jahren deutlich gesunken.

Mit dem Amtsantritt Putins hat sich das Tempo der Reformen im Land deutlich beschleunigt. Doch nach Ansicht von Experten ist das nur die halbe Miete. Von entscheidender Bedeutung sei, ob die Steuergesetze, Banken- und Bodenreformen oder Gesetze zum Schutz von Unternehmen bei staatlichen Kontrollen auch in die Tat umgesetzt werden. Bei allen wirtschaftlichen Verbesserungen klagen vor allem ausländische Investoren weiterhin über fehlende Rechtssicherheit sowie eine willkürliche Zoll- und Steuerpolitik im Land. (dpa)