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Steinmeier auf Russlandreise

Silke Wünsch14. Mai 2008

Welche Veränderungen kann man von Medwedew erwarten? Wie werden sich die deutsch-russischen Beziehungen verändern? Ein Interview mit Hans-Henning Schröder, dem Forschungsgruppenleiter Russland der SWP in Berlin.

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Symbol für Beständigkeit? Der neue russische Präsident Medwedew.
Symbol für Beständigkeit? Der neue russische Präsident Medwedew.Bild: AP

Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier befindet sich zurzeit auf Russlandreise. Er ist der erste Politiker, der dem neuen russischen Präsidenten Dmitrij Medwedew einen Antrittsbesuch abstattet. Was kann man vom neuen russischen Präsidenten erwarten, wie wird seine Politik aussehen? Hans-Henning Schröder, Forschungsgruppenleiter für Russland bei der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin, gibt in einem Interview mit der Deutschen Welle eine Einschätzung.

Deutsche Welle:

"Kann Russlands Staat und Gesellschaft wirklich moderner werden unter dem neuen Präsidenten Medwedjew?"

Hans-Henning Schröder (SWP):

"Natürlich hat Russland in den letzten 18 Jahren einen riesigen, enormen Weg zurückgelegt. Das ist nicht mehr die Sowjetunion, das ist ein völlig anderer Staat. Aber der Wandel von Putin zu Medwedjew bedeutet Kontinuität. Das wird sich nicht anders verändern als in den letzten Jahren."

Deutsche Welle:

"Steinmeier hat Russland eine, wie er es nannte, 'Modernisierungspartnerschaft' mit Deutschland und Europa angeboten. Zum Beispiel sollen Deutsche und andere Europäer bei der Fortbildung von Richtern und Anwälten sowie der Polizei beraten. Glauben Sie, Russland wird sich da hineinreden lassen?"

Hans-Henning Schröder (SWP):

"Es hat zumindest in den letzten Jahren auch gern Unterstützung angenommen bei der Ausbildung von Richtern. Hier gibt es auch durchaus Fortschritte. Bei der Polizei habe ich Zweifel. Ich denke aber, dass die Modernisierung sich in erster Linie eher in einem wirtschaftlichen, technologischen Bereich vollziehen wird. Aber wenn er begleitet wird von Studentenaustausch, vom Austausch auch von Ingenieuren, von Managern, dann wird das auch politische Auswirkungen haben."

Deutsche Welle:

"Ein Hauptthema der Gespräche soll das geplante Partnerschaftsabkommen zwischen der EU und Russland sein. Im Wesentlichen sollen damit - Sie haben es gerade angedeutet - die wirtschaftlichen Beziehungen neu geregelt werden. Was ist davon zu erwarten?"

Hans-Henning Schröder (SWP):

"Zunächst mal muss es ja auf die Schiene gesetzt werden. Das Hauptproblem hier ist gar nicht so sehr Russland, sondern sind die Verhältnisse innerhalb der Europäischen Union. Zwischen einer Reihe von Staaten des sogenannten alten Europas und den Staaten Ost- und Mitteleuropas bestehen sozusagen Gegensätze in der Frage, wie man Russland behandeln soll. Da sind etwa bei Polen, bei den baltischen Staaten doch noch alte Wunden offen. Da brauchen wir ein Entgegenkommen von Russland, das sich offensiv sozusagen mit seiner eigenen Geschichte auseinandersetzt. Das wird so schnell nicht gehen. Das wird ein langer mühsamer Prozess werden, denke ich."

Deutsche Welle:

"Noch einmal zurück zur Wirtschaft. Steinmeier hat Hilfe bei der Verbesserung von Energieeffizienz angeboten. Wie sieht es denn überhaupt aus mit der Sicherheit bei den Energielieferungen? Was kann Europa in diesem Bereich für Russland tun und was umgekehrt?"

Hans-Henning Schröder (SWP):

"Europa ist ja doch in hohem Maße abhängig von Gaslieferungen, von Energielieferungen aus Russland und Zentralasien, weil sehr viele Alternativen nicht zur Verfügung stehen. Auf der anderen Seite hat Russland eigentlich auch keine großen Alternativen, wo es Gas sonst hinliefern soll. Die sind sozusagen dazu verdammt, zusammenzuarbeiten. Nun ist der Verlust entlang der Pipelines, der Verlust bei der Bearbeitung hoch. Und hier kann mit Hilfe der vorhandenen Technologien natürlich europäische und deutsche Industrie Hilfe leisten, die auch den Russen selbst zugute kommt. Und hier ist glaube ich wirklich ein sinnvoller Punkt, an dem man zusammenarbeiten kann. Auch mit Gewinn für beide Seiten."

Deutsche Welle:

"Also gibt es auch vielleicht mehr Investitionsmöglichkeiten für Unternehmer?"

Hans-Henning Schröder (SWP):

"Das ist das, was deutsche Außenpolitik natürlich erhofft und erwartet. Und Sie müssen sehen, Russland ist natürlich ein riesiger Markt, 140 Millionen Einwohner mit einem großen Nachholbedarf. Die russische Industrie selber im Bereich von Konsumgütern ist eher rückständig. Also Sie können sich schon vorstellen, da ist für europäische Deutschunternehmen was zu holen."

Deutsche Welle:

"Frank-Walter Steinermeier gilt ja aus seiner Zeit als Kanzleramtschef unter Gerhard Schröder als russland-freundlicher als seine jetzige Chefin Angela Merkel. Welches Gewicht hat eigentlich seine Stimme in Russland?"

Hans-Henning Schröder (SWP):

"Steinmeier hat einen großen Vorteil. Er kennt Medwedjew seit vielen Jahren, weil, als er Kanzleramtsminister war, Medwedjew Bürochef bei Putin war. Das war sozusagen der kurze Draht. Daher sind die Chancen, dass man zu einer vernünftigen Verständigung kommt, relativ hoch."