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Russland in den 90ern

Christian F. Trippe12. Februar 2002

Von der Auflösung der Sowjetunion bis zum zweiten Tschetschenienkrieg spannt sich die Dekade, die viele tief verunsichert hat. Jetzt aber ist neue Zuversicht eingekehrt. DW-TV-Korrespondent Christian F. Trippe berichtet.

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Rund sechs von zehn Russen meinen, ihr Land sei auf dem richtigen Weg. Noch vor drei Jahren hat das nur ein Drittel der Bevölkerung so gesehen. Nachzulesen ist das in einer breit angelegten Studie, die von zwei russischen Meinungsforschungsinstituten im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung durchgeführt worden ist.

In Moskau wurden jetzt die Ergebnisse vorgelegt. Danach ist Russland an der Schwelle zum dritten Jahrtausend zur Ruhe gekommen. Eine wachsende Zahl von Bürgern lobt und genießt die Freiheitsrechte, die in der post- sowjetischen Dekade zur Geltung kamen. Und die Politik von Präsident Putin zieht Zustimmung in allen Bevölkerungsschichten auf sich.

Am Chaos der 90er Jahre sind nach Meinung der Russen in erster Linie die Ex-Präsidenten Jelzin und Gorbatschow sowie die russische Mafia schuld. Aber immerhin rund 30 Prozent antworteten auf die "Schuld"-Frage mit "wir selbst". So weit, so gut, so einsichtig. Doch 60 Prozent aller Befragten sind der Ansicht, keinerlei Einfluss nehmen zu können auf den Staat, auf die Politik. In solcher Zahl spiegelt sich ein Maß Apathie, das der Leiter des Moskauer Büros der Friedrich-Ebert-Stiftung, Peter Schulze, "erschütternd" nannte. Gewiss, Staat und Gesellschaft haben sich konsolidiert. Wozu aber die ganze Veranstaltung dienen soll – das wissen die meisten nicht.

Nur sieben Prozent bezeichnen sich selbst als "Anhänger der Marktwirtschaft", rund 17 von Hundert hängen sozialistischen Idealen an, 21 Prozent nennen sich "Zentristen" oder wünschen einen russischen Sonderweg; 54,6 Prozent aber sind "kein Anhänger irgendeiner bestimmten politischen Richtung". Auch diese Gruppe ist in den letzten Jahren größer geworden, nicht nur die allgemeine Zuversicht. Russland – Staat ohne Ziel und Zweck?