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Wilderei in Russland

12. März 2009

Nach einem spektakulären Jagdunfall fordern russische Umweltschützer eine schärfere Gangart gegen Wilderer. Präsident Medwedjew solle ein Machtwort sprechen, meinen die russischen "Grünen".

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Bild: BilderBox

Das hatte für Schlagzeilen gesorgt: Anfang dieses Jahres war im Altaigebirge ein Hubschrauber abgestürzt. An Bord waren mehrere hochrangige Beamte. Sie hatten von dem Helikopter aus illegal Jagd auf Tiere gemacht, die auf der roten Liste gefährdeter Arten stehen. Vor Ort hatten empörte Bürger auf einer Demonstration ein schärferes Vorgehen gegen die Wilderei gefordert. Denn die ist in der Gegend weit verbreitet.

"Wir trauern, und unser Beileid gilt den Angehörigen der Todesopfer. Doch gleichzeitig sind wir tief empört und verlangen, dass diejenigen, die diese Wildereien veranstalten, bestraft werden. Wir wollen auch, dass dies aus rechtlicher und moralischer Sicht bewertet wird", erklärte nun auf einer Pressekonferenz in Moskau Akaj Kynyjew, ein Aktivist der Protestbewegung gegen die Wilderei.

Wilderei hat lange Tradition

Dass sich sogar hochrangige Staatsvertreter an solchen zweifelhaften Aktivitäten beteiligen, reiche zurück in Sowjetzeiten, erläutert Igor Tschestin, Direktor der russischen Abteilung des World Wide Fund For Nature (WWF). Er erinnerte daran, dass es zu Sowjetzeiten Datschen in Naturschutzgebieten gegeben habe, die Regierungsmitgliedern als Jagdhaus gedient hätten.

Auch das sei nicht neu: Anfang der 90er Jahre seien seltene Tiere in Naturschutzgebieten des Kaukasus ebenfalls vom Hubschrauber aus von Angehörigen der Sicherheitsbehörden gejagt worden. Zur Mitte der 90er Jahre sei die Beutejagd auf Bären regelrecht in Mode gewesen. "Heute kommt dies alles wieder. Wir bekommen von Zeit zu Zeit die Nachricht, dass Schneeleoparden und sogar die im Fernern Osten sehr seltenen Tiger von hochrangigen Beamten aus Moskau getötet werden", so Tschestin.

Präsident soll Stellung beziehen

Es sei praktisch unmöglich, Wilderei nachzuweisen, wenn an ihr Vertreter der politischen Elite des Landes beteiligt seien, erklärte Tschestin. Sogar nach dem Absturz im Altai hätten die Behörden vor Ort versucht, Spuren zu verwischen. Die Unglücksstelle durften Mitarbeiter des Katastrophenschutzes zwei Tage lang nicht betreten.

Neben einer strafrechtlichen Verfolgung der Wilderei müsse man erreichen, dass der Präsident persönlich zu dieser Frage Stellung beziehe. Tschestin meint, nur eine offizielle Erklärung des russischen Präsidenten Medwedjew könne die Wilderei wirksam bekämpfen. "Für uns wäre es ein Lackmustest dafür, wie ernst er es mit seinen zahlreichen Erklärungen zur Korruptionsbekämpfung meint", sagte Tschestin.

Aber der Präsident schweigt dazu. Aleksej Jablokow von den "Grünen Russlands" meint, das Schweigen sei auch eine Antwort: "Wenn er zum Tod eines seiner engsten Mitarbeiter schweigt, dann ist das ein Zeichen. Das heißt: Jungs, macht weiter so, wir werden euch nicht bestrafen."

Ältestenräte beschließen Jagd-Stopp

Die Menschen im Altaigebirge haben sich entscheiden, die Wilderei zu bekämpfen, ohne Beschlüsse aus Moskau abzuwarten. Der Vertreter der Protestbewegung aus Altai, Kynyjew, berichtete, die Ältestenräte vor Ort hätten sich darauf geeinigt, für mehrere Jahre die Jagd auszusetzen. Auch in vielen Dörfern und Bezirken seien entsprechende Beschlüsse gefasst worden. "In einem Fall sind es fünf und in einem anderen sogar zehn Jahre, weil die Menschen sehen, wie die natürlichen Ressourcen des Altai vernichtet werden", unterstrich Kynyjew.

Jegor Winogradow/Markian Ostaptschuk
Redaktion: Bernd Johann