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Russlands Ansehen sinkt

13. August 2009

In einigen russischen Kaukasus-Republiken häufen sich Morde an Regierungsgegnern: Menschenrechtler und ein Bauminister wurden erschossen. Sind die Morde Resultate einer verfehlten Politik? Esther Hartbrich kommentiert.

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Bild: DW

In Tschetschenien setzte Moskau auf einheimische Politiker, um nach zwei Kriegen die Kaukasusrepublik zu befrieden. Erst wurde Achmad Kadyrow Präsident, nach seiner Ermordung, sein Sohn Ramsan. Der befehligt eigene, gut bewaffnete Milizen und regiert mit harter Hand. Direkte Verantwortung für die jüngsten Morde an der "Memorial"-Vertreterin Natalja Estemirowa und an Sarema Sadulajewa, die sich um benachteiligte Kinder kümmerte, weist Kadyrow weit von sich.

Aber wer Tage nach dem Tod Estemirowas von einer Frau ohne Ehre und Gewissen spricht, wie Kadyrow es tat, und damit zeigt, was er vom Schutz der Menschenrechte hält, ist zumindest ideologischer Wegbereiter für solche Morde. Menschenrechtler in Russland vermuten sogar eine weitergehende Beteiligung von Kadyrows Machtapparat am Mord an Estemirowa. Zumindest schützten sie die Täter.

Ein russischer Kaukasusexperte meint, Russland habe mit den Machthabern der südrussischen Kaukasusrepubliken geheim die Abmachung getroffen: Macht, was ihr wollt! Wir tun euch nichts! Ihr müsst nur loyal gegenüber Moskau sein. Und loyal ist Kadyrow bisher, zumindest gegenüber Ex-Präsident Putin. Deshalb wurde Kadyrow kürzlich mit der Aufhebung des Ausnahmezustandes in Tschetschenien belohnt. Probleme Russlands mit dem zunehmend selbstherrlich auftretenden tschetschenischen Präsidenten sind abzusehen.

Russland hat im Kaukasus versagt

Panzer auf einer Straße (Foto: AP)
Im August 2008 blickte die Welt auf GeorgienBild: AP

Die jüngsten Morde fallen aber auf Moskau zurück, das außenpolitische Ansehen sinkt weiter. In diesen Wochen offenbart sich die gesamte Hilflosigkeit Moskaus nicht nur in Tschetschenien, sondern im gesamten Nordkaukasus. Die Region, in der auf engem Raum viele Völker mit verschiedenen Religionen zusammenleben, ist wirtschaftlich das Schlusslicht Russlands. Arbeits- und Perspektivlosigkeit sind der ideale Nährboden für islamistische Untergrundkämpfer, die laut ihren Internetseiten einen heiligen Krieg führen und einen unabhängigen Gottesstaat wollen.

Russland reagiert rein militärisch. Die Untergrundkämpfer antworten ihrerseits mit Anschlägen auf russische Sicherheitskräfte und örtliche Politiker, die als verlängerter Arm des verhassten Russlands und als korrupt gelten. Der Kaukasuskrieg im vergangenen Jahr hat die Lage im Nordkaukasus weiter destabilisiert. Beinahe täglich explodieren Bomben oder fallen Schüsse. Die Anerkennung der Unabhängigkeit der von Georgien abtrünnigen Regionen Südossetien und Abchasien war ein großer Fehler. Denn sie ist Wasser auf die Mühlen nationalistischer und religiöser Freiheitskämpfer in den südrussischen Republiken. Russland steht vor den Scherben seiner Kaukasuspolitik. Weltmachtgehabe und Drohgebärden auf internationaler Ebene können langfristig von den inneren Problemen nicht ablenken.

Autorin: Esther Hartbrich
Redaktion: Julia Kuckelkorn