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Porträt eines südafrikanischen Fußball-Fans

5. Juni 2010

Ob im Stadion, im Fanpark oder zu Hause: Dabei sein ist alles für Fußballfan Bruce Luthaga. Der Student aus Soweto ist für die WM bestens gerüstet und hat Tickets für zwei Spiele gekauft.

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Fußballfan Bruce Luthaga mit Vuvuzela vor dem Orlando Stadion seiner Pirates. (Foto: Ulrich Reimann)
Bild: DW
Fans der Orlando Pirates beim Derby gegen die Kaizer Chiefs. (Foto: Ulrich Reimann)
Fans der Orlando Pirates beim Derby gegen die Kaizer ChiefsBild: DW

Wenn es um Fußball geht, kennt sich Bruce Luthaga bestens aus. Der 27-jährige Student ist schon als Fünfjähriger im Township Soweto dem Ball hinterher gejagt. "Wir haben damals auf staubigen Plätzen und Sand gespielt. Viele von uns hatten damals keine Fußballschuhe und spielten barfuss. Der Fußball hat sich wegen dieser Widrigkeiten nur langsam entwickelt", blickt Bruce auf seine Jugend zurück, in der oft ein zusammengenähter Stoffball als Spielgerät herhalten musste. Natürlich hat er wie jeder talentierte Jungkicker von einer Karriere als Profi geträumt, den Sprung in eine Vereinsmannschaft hat er aber nie geschafft. "Meinen größten Erfolg habe ich in der Schulmannschaft gefeiert: Ich war Angreifer und wir hatten einen sehr schnellen Außenstürmer aus Ghana. Als ich nach seinen Pässen mein drittes Tor hintereinander geschossen habe sagten sie mir, dass das ein Hattrick sei. Das wusste ich gar nicht und habe es erst an dem Tag gelernt", lacht Bruce noch heute, wenn er von seinen Qualitäten als Torjäger erzählt.

Seine Mutter Cathy und Vater David haben ihn damals so gut es ging unterstützt. An die ersten Fußballschuhe von seinen Eltern erinnert er sich mit Stolz. Mit seinem Vater teilt er die Begeisterung für Fußball, doch führt das damals wie heute immer wieder zu heftigen Diskussionen, denn ihre Lieblingsvereine spalten Südafrika in zwei Fanlager. Während David die Kaizer Chiefs anfeuert, ist sein Sohn ein großer Fan der Orlando Pirates. Die beiden populärsten Profivereine aus Soweto ziehen das Interesse der meisten Fans in Südafrika auf sich. Ihr Verhältnis zueinander ist nur vergleichbar mit der Rivalität von Schalke 04 und Borussia Dortmund. Da versteht es sich von selbst, dass Bruce die Spiele seiner Pirates im Orlando Stadion in Soweto schon von klein auf immer ohne seinen Vater besucht hat, wenn das Taschengeld für die umgerechnet 1 Euro teure Eintrittskarte reichte.

Tickets für Drogba, Ronaldo und Ribery

Fans der Orlando Pirates (Foto: Ulrich Reimann)
Begeisterungsfähig: Fans der Orlando PiratesBild: DW

Bruce, der Touristik-Management studiert, hat für die WM rechtzeitig vorgesorgt. Als Touristenführer verdient er mittlerweile ganz gut, die Kunden seines Vaters, der eine kleine Reiseagentur betreibt, begleitet er oft bei Ausflügen durch Soweto und besucht mit ihnen das Apartheid-Museum. In der dritten Vorverkaufsphase hat er sich um Eintrittskarten für WM-Spiele bemüht und in einer Bankfiliale mit seinen Freunden und dem Bruder mehrere Anträge ausgefüllt. Zwei Wochen später kam dann der Anruf, dass sie Karten bekommen werden. Das Eröffnungsspiel, Halbfinale und Endspiel waren in der billigsten Kategorie schon ausverkauft. 14 Euro kosten die günstigsten Eintrittskarten für Südafrikaner, jetzt werden sie gemeinsam die Spiele Elfenbeinküste gegen Portugal und Mexiko gegen Frankreich live im Stadion sehen. Größtes Problem dabei ist aber die Anreise: Das Spiel der Elfenbeinküste ist in Port Elizabeth, mit dem Auto werden sie die Fahrt über 16 Stunden auf keinen Fall machen, jetzt suchen sie im Internet nach billigen Flugtickets.

„Fußball ist wie Musik, die Menschen verbindet und zusammenbringt"

Bruce Luthaga vor dem Orlando Stadion seiner Pirates. (Foto: Ulrich Reimann)
Bruce Luthaga vor dem Orlando Stadion seiner PiratesBild: DW

Bruce glaubt fest an die einende Wirkung der ersten Weltmeisterschaft auf dem afrikanischen Kontinent. Die Weißen, deren Lieblingssportart traditionell Rugby ist, werden gemeinsam mit den Schwarzen, die Fußball über alles lieben, eine große Party feiern, davon ist Bruce überzeugt. Deshalb will er auch so viele Spiele wie möglich sehen. "Wir werden gemeinsam in Fanparks gehen. Einige Freunde haben Projektoren gekauft, dann können wir die Spiele auf Großbildleinwänden sehen und dazu wollen wir Anhänger aus aller Welt zu uns nach Hause einladen", verrät Bruce seine Planungen.

16 Jahre nach den ersten gemeinsamen demokratischen Wahlen und der Überwindung der Apartheid sieht Bruce deshalb in der WM eine große Chance für das südafrikanische Volk. Und die Kritik, Geld sei für Stadien verschwendet worden, die nach der WM nicht mehr gebraucht würden, lässt er nicht gelten. "Fußball vereinigt unser Volk und lässt uns auch unsere politische Situation und Probleme vergessen, die wir vielleicht noch in unserem Land haben oder früher hatten", sagt er und wagt zum Schluss einen WM-Tipp: "Klar werde ich Bafana, Bafana anfeuern, denn wir werden Weltmeister!"

Autor: Ulrich Reimann
Redaktion: Arnulf Boettcher