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Südosteuropa plant gemeinsamen Energiemarkt mit der EU

29. Juni 2006

Die Energieminister der neun südosteuropäischen Länder haben gemeinsam mit der EU ein neues Generalsekretariat in Wien eröffnet. Er soll die Energiemärkte der beiden Regionen zusammenführen.

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Stromversorgung soll langfristig verbessert werdenBild: AP

Stromausfälle machen den Menschen in vielen Ländern Südosteuropas immer wieder zu schaffen. Albanien beispielsweise sorgt immer wieder für Schlagzeilen. Das soll sich nun ändern. Albanien und acht weitere Länder der Region wollen bis 2008 einen gemeinsamen Energiemarkt aufbauen, der mit der EU verbunden ist. Dafür müssen die Länder Südosteuropas die in der Europäischen Union geltenden Regelungen im Energiesektor übernehmen. Der Sprecher der Generaldirektion "Energie und Verkehr", Ferran Taradellas Espuny, erklärt: "Für diese Länder ist das ein bisschen wie eine kleine EU, wie eine Energie-EU."

Schrittweise Öffnung der Märkte

Im letzten Jahr haben die Länder zugestimmt, dass der Vertrag unterschrieben wird. In diesen Tagen soll er von allen ratifiziert werden. Schon kurz darauf wollen die Unterzeichnerstaaten den Vertrag auch umsetzen. Ihre Energiemärkte wollen sie allerdings nicht schlagartig, sondern schrittweise geöffnet werden. Gemeinsam setzen die Länder Südosteuropas darauf, dass ein liberalisierter und privatisierter Markt die Stromversorgung langfristig verbessert.

Der Vertrag schreibe genau vor, was im Einzelnen getan werden müsse, sagt Paul Rübig, energiepolitischer Sprecher der Fraktion der Europäischen Volksparteien im Europäischen Parlament. "In dem Vertrag steht im Wesentlichen, dass die Energieeffizienz zu verbessern ist. Das heißt: Gebäude müssen isoliert, neue Lichteinrichtungen geschaffen und die Energieinfrastruktur muss verbessert werden. Mehr erneuerbare Energien sollen zum Einsatz kommen. Bei der Energieeffizienz muss auf die Emissionen Im Luftflüssigkeits- und Feststoffbereich geachtet werden. Und letztlich muss auch der Klimawandel berücksichtigt werden."

Milliarden-Investitionen

Das neue Generalsekretariat in Wien wird kontrollieren, ob sich die Länder auch an ihre Vertragspflichten halten und das Abkommen ordnungsgemäß umsetzen. Auch ein gemeinsamer Ministerrat im Bereich Energie soll geschaffen werden.

Um alle Aufgaben erfüllen zu können, werden Investitionen in Höhe von rund 20 Milliarden Euro nötig sein. Eine Milliarde hat die Weltbank bereits zu Verfügung gestellt. Und der große Rest werde sich auch noch finden, meint Paul Rübig: "Das Budget der Europäischen Union beträgt bis 2013 ungefähr 900 Milliarden Euro - da ist der Energiebereich sicherlich ein wichtiger Bereich."

Aufbau von Netzwerken

Die Liberalisierung der Energiemärkte ist beschlossen, aber längst noch nicht umgesetzt. Die Länder tun sich schwer, die bisherigen Staatsmonopole aufzugeben. Zudem müssen Energie-Netze geschaffen werden, die die Länder miteinander verbinden. Das gilt insbesondere für Albanien. Denn das Land hat seit kommunistischer Zeit ein geschlossenes Energiesystem. Um das Land zunächst mit den Nachbarstaaten zu verbinden, also mit Griechenland und Montenegro, wird eine 400 Kilovolt-Verbindung zwischen Elbasan und Podgorica gebaut. Länder wie Serbien oder Kroatien haben es in dieser Hinsicht leichter, weil sie schon Anfang der 90 Jahre den Anschluss ans internationale Netz gefunden haben.

Mit dem Anschluss ans internationale Netz werden wohl auch die Strompreise in der Region steigen, befürchten viele Verbraucher. Für den energiepolitischen Sprecher im Europaparlament Paul Rübig ist Liberalisierung aber nicht automatisch gleichbedeutend mit steigenden Preisen. Er meint: "Nach dem Konzept, so wie es derzeit auf den Tisch liegt, ist der Energiemix ein neuer. Das heißt, es gibt dann auch Wettbewerb. Und wir haben auch in den Staaten der Europäischen Union festgestellt: Überall, wo Liberalisierung gut funktioniert, sinken auch die Preise."

Mehr Wettbewerb

Strom wird im westlichen Balkan weiterhin über Wasserkraftwerke, Braunkohle oder Erdgas produziert, das heißt es gibt keinen Atomstrom. Paul Rübig meint: "Die beste und günstigste Form der Stromgewinnung sind Wasserkraftstrom und Speicherkraftwerke. Hier gibt es die Chance, dass Investoren sich engagieren und vor Ort sehr günstigen und sicheren Strom produzieren können. Ich glaube, dass es eine ausgezeichnete Wahl war, hier die Zusammenarbeit zu suchen. Beide Seiten, sowohl die EU als auch die Partner, werden bei diesem Vorgang gewinnen."

Weitere Interessenten am neuen regionalen Energiemarkt gibt es auch schon: Russland will am südosteuropäischen Markt beteiligen. Gemeinsam mit der Stadt Novi Sad hat Russland für 600 Millionen Euro ein Erdgaskraftwerk mit moderner Kraftwärmekopplung gebaut.

Aida Cama
DW-RADIO, 26.6.2006, Fokus Ost-Südost