Sabine Dolderer: "US-Regierung hat nur vage Internet-Macht"
11. November 2005
"Die US-Regierung hat nur eine vage Macht über das Internet." Das sagte Sabine Dolderer, Vorstandsmitglied von DENIC (Frankfurt/Main), der zentralen Registrierungsstelle für alle Internet-Adressen mit dem Kürzel ".de", in einem Interview von DW-WORLD.DE. Mit Blick auf den bevorstehenden Weltinformationsgipfel der UN in Tunesien, bei dem die Kontrolle des Internet zu den zentralen Themen gehören wird, meinte Dolderer, das US-Handelsministerium sei zwar "verantwortlich für den Betrieb des zentralen Servers des so genannten Rootserver-Systems", das die weltweite Erreichbarkeit der Internet-Adressen sicherstellt. Doch habe die US-Regierung "kein wirkliches Interesse" daran, die Information, die beispielsweise zu den ".de"-Adressen führt, aus diesem Server zu entfernen.
Wesentlich größeres Konfliktpotenzial misst die Internet-Expertin anderen Fragen bei: "Welche neuen Endungen werden künftig in den zentralen Rootserver aufgenommen, wer bestimmt darüber, und zu welchen Bedingungen werden diese Endungen aufgenommen?" Dolderer forderte gegenüber DW-WORLD.DE "mehr Pragmatismus und mehr Freiräume: Im Moment sind nur lateinische Zeichen in den Rootservern erlaubt. Eine so genannte internationalisierte Toplevel-Domain, zum Beispiel aus chinesischen oder arabischen Schriftzeichen, ist nicht möglich." Bislang werde jede Weiterentwicklung von der US-Organisation ICANN stark kritisiert. ICANN entscheidet über Adressänderungen wie ".de" oder ".com" sowie über technische Standards beim E-Mail-Verkehr. Die Einführung etwa arabischer Domainnamen werde durch die Fokussierung von ICANN auf kommerzielle Toplevel-Domains wie .com sowie die generell langwierige Entscheidungsfindung in dieser Organisation verhindert. Ein grundsätzliches Interesse der US-Regierung, chinesische oder arabische Domains zu verhindern, sehe sie aber nicht, so Dolderer.
11. November 2005
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