1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Saddams Opfer

Vedat Acikgöz17. Februar 2003

Der Irak ist kein klassischer Nationalstaat, sondern ein nach-koloniales Gebilde mit künstlicher Grenzziehung. Neben den Sunniten gibt es zahlreiche ethnische und religiöse Minderheiten.

https://p.dw.com/p/3GYK
Kurden auf der FluchtBild: AP

Eines haben die Iraker gemeinsam: Über 95 Prozent der Bürger bekennen sich zum Islam. Doch hier hören die Gemeinsamkeiten auch schon auf. Denn innerhalb des Landes gibt es mehrere ethnische und religiöse Minderheiten, die von der irakischen Regierung unterdrückt oder bekämpft werden. Schon seit Jahren versuchen diese Gruppen, sich der Macht von Saddam Hussein zu entziehen.

Obwohl die schiitischen Araber mit 55 Prozent eigentlich die größte Bevölkerungsgruppe im Irak darstellen, gelten sie als Minderheit. Denn auf der politischen Bühne haben andere das Sagen: Traditionell wird der Irak von der sunnitischen Minderheit beherrscht. Im Vergleich zu den sunnitischen Gebieten des Irak, ist die vorwiegend von den Schiiten besiedelte südliche Region wirtschaftlich schwächer. Und obwohl das schiitische Gebiet im Süden des Landes seit dem letzten Golfkrieg durch eine Schutz- und Flugverbotszone der Vereinten Nationen geschützt wird, fühlen sich die Schiiten seit Jahren von der irakischen Regierung unterdrückt.

Amerikaner ließen Schiiten im Stich

Während des Golfkrieges vor zwölf Jahren versuchten tausende Schiiten in einem Volksaufstand, den irakischen Präsidenten Saddam Hussein zu stürzen. Jedoch ohne Erfolg, weil die US-Truppen die Schiiten letztlich im Stich ließen. Diesmal ist das unwahrscheinlich, meint Nahost-Experte Jochen Hippler von der Universität Duisburg: "Inzwischen gibt es Absprachen zwischen den schiitischen Untergrundparteien und der US-Regierung. Im Kriegsfall würden die USA mit großer Sicherheit Bodentruppen mit in den Südirak schicken, um die Schiiten zu schützen und ihnen eine Möglichkeit zu geben, politisch aktiv zu werden."

Machtkämpfe und interne Konflikte gibt es schon länger im Norden des Landes. In diesem Gebiet leben die Kurden - mit 16 Prozent die größte Minderheit im ethnischen Sinne. Schon in den 70-er Jahren hatten die Kurden unter harten Repressionen des irakischen Regimes zu leiden. Den Höhepunkt bildete ein Giftgasangriff im März 1988. Damals attackierte die irakische Armee die kurdische Kleinstadt Halabja mit Senfgas - mindestens 5000 Menschen kamen ums Leben.

"Kurden werden die Verlierer sein"

Wie im Süden des Landes, errichteten die Vereinten Nationen in den 1990er Jahren im Norden des Landes eine Schutz- und Flugverbotszone. Trotzdem stecken die Kurden in einer Zwickmühle. Einerseits fühlen sie sich nach wie vor von Süden her durch Saddams Regime bedroht, andererseits liegt nördlich des Kurdengebiets die Türkei, die immer wieder mit ihrer Armee in den Nordirak einmarschiert.

Territoriale Begehrlichkeiten hinsichtlich der nordirakischen Ölquellen artikuliert in Ankara zwar nur eine Minderheit meist nationalistischer Politiker. Aber in der Türkei leben mehrere Millionen Kurden - deswegen wehrt sich die Regierung vehement gegen das Entstehen eines kurdischen Staates im Nordirak. Ankara fürchtet, die eigenen Kurden im angrenzenden Südost-Anatolien könnten sich dann den Nordirakern anschließen und ebenfalls wieder aktiv nach Unabhängigkeit streben. Bestenfalls können sie einen autonomen Status im Irak erlangen, meint Udo Steinbach vom Deutschen Orient-Institut. Allerdings: "Selbst mit diesem Ziel stoßen sie in Ankara auf Widerstand. Keineswegs ist auszuschließen, dass dann die türkische Armee interveniert. Also, die Kurden sind einmal mehr - was auch immer geschieht und wie es geschieht - auf der Seite der Verlierer."