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Sahnehäubchen der Realpolitik?

Nina Werkhäuser19. März 2003

In Genf tagt derzeit die Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen - ein Gremium, dessen Bedeutung gerade in Krisenzeiten niemand bestreitet. Dennoch ist die Organisation nicht unumstritten.

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Problematische Menschenrechte -<br>nicht nur in SimbabweBild: UNESCO

Wenn sich nichts ändert, dann setzt die Menschenrechtskommission ihren Ruf aufs Spiel, meint der CDU-Abgeordnete Hermann Gröhe, Mitglied im Menschenrechtsausschuss des Bundestags. Greifbare Ergebnisse habe es in den letzten Jahren kaum noch gegeben, weil vielen Ländern ihre vorgeblich reine Weste wichtiger ist als die Debatte über die Sache selbst. Stattdessen würden kurzfristige Allianzen und Blöcke gebildet - mit der Folge, daß bestimmte Themen, beispielsweise die Menschenrechtssituation in China, gar nicht erst auf die Tagesordnung kommen.

Falsche Solidarisierungen

Gröhe hat auch beobachtet, dass in der Genfer Menschenrechtskommission häufig eine Art Handel stattfindet nach dem Motto: Kritisierst du mich nicht, dann lasse ich dich in Ruhe. "Es gibt eine Fülle von falschen Solidarisierungen", sagt er und nennt als Beispiel Simbabwe. "Wir sehen eine Solidarisierung der afrikanischen Staaten mit Simbabwe zu einem Zeitpunkt, wo allemal die Menschenrechtssituation so dramatisch ist, dass es wichtig wäre, die Sanktionen der EU gegen Spitzenpolitiker aus Simbabwe fortzusetzen."

Keine gute Entwicklung für ein Gremium, in dem die Achtung der Menschenrechte die Mitgliedsländer eigentlich einen sollte. Schließlich erkennen sie alle die einschlägigen UN-Richtlinien an, zumindest in der Theorie. In der Praxis sei das anders, meint Gröhe. "Diesem gemeinsamen Bekenntnis zum Trotz argumentieren einzelne immer wieder, in der islamischen Welt stünde die Scharia über bestimmten menschenrechtspolitischen Vorstellungen, im asiatischen Kulturraum stünden die Pflichten des Einzelnen dem Kollektiv gegenüber mehr im Vordergrund als individuelle Rechte." Auf diese Weise werde am Prinzip der Universalität der Menschenrechte gerüttelt, beklagt Gröhe.

Aushöhlung von Menschenrechten

Diese Gefahr sei seit dem 11. September 2001 wieder größer geworden, sagt die Grünen-Politikerin Christa Nickels, die Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses des Bundestags. "Der Anti-Terror-Kampf, der ja die Menschenrechte schützen will, hat nicht zuletzt auch in den Demokratien selbst angefangen, Menschenrechte auszuhöhlen." Gerade vor dem Hintergrund eines drohenden Kriegs gegen den Irak, so Nickels, sollte die Menschenrechtskommission taktische Spielchen unterlassen und sich wieder auf die Werte zurückbesinnen, die es zu schützen gilt. "Menschenrechte sind kein Sahnehäubchen der Realpolitik, sondern weltweit die grundlegende Plattform für eine bürgerliche Zivilgesellschaft, aber auch für Wohlstand und für wirtschaftliches Fortkommen", sagt Nickels.