1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Salafisten fordern Tunesien heraus

12. Juni 2012

In Tunesien sorgen radikale Muslime für Unruhe. Sie wüten an mehreren Orten im Land, zünden Büros an und zerstören Kunstausstellungen. Ist die als moderat geltende Regierung stark genug, ihnen entgegenzutreten?

https://p.dw.com/p/15Cfl
Riot police chase after protesters in the Tunisian capital Tunis June 12, 2012. Tunisian police have detained 86 people after Salafi Islamists, angered by an art exhibition they say insults Islam, rioted overnight and clashed with police who tried to disperse them, an interior ministry media official said on Tuesday. REUTERS/Zoubeir Souissi (TUNISIA - Tags: POLITICS CRIME LAW CIVIL UNREST RELIGION)
Bild: Reuters

Die Beamten setzen Tränengas ein, um hunderte Islamisten in den Griff zu bekommen. Die liefern sich mit der Polizei in der Hauptstadt Tunis Straßenschlachten. Die Sicherheitskräfte nahmen nach Angaben des Innenministeriums 86 Demonstranten fest, es gab mehr als einhundert Verletzte. 

Provokation durch Mekka-Karikaturen?

Ein Grund für die Gewaltaktionen der Salafisten ist eine Kunstausstellung in der Stadt La Marsa, 18 Kilometer nord-östlich von Tunis. Gezeigt wurden dort unter anderem Bilder, auf denen die  muslimische Pilgerstadt Mekka karikiert wurde. Dieses und andere Werke empfanden die tiefreligiösen Islamisten als Gotteslästerung und zerstörten sie.

Es blieb aber nicht dabei: Die Radikalen brannten außerdem das Büro eines Staatsanwalts nieder und stahlen die Computer. "Das ist sehr bedenklich, denn ein Gericht steht für die Souveränität eines Staates“, beklagte der Staatsanwalt Amor Ben Mansour. Auch das Hauptbüro des mächtigen Dachverbandes der tunesischen Gewerkschaften (UGTT) im Nordwesten der Stadt Jendouba brannten salafistische Gruppen nieder. Mehrere Polizeiposten wurden attackiert.

Immer aggressiveres Vorgehen der Salfisten

Die Regierung will die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen. Diese müssten einen “hohen Preis bezahlen“, drohte der tunesische Justizminister Nourredine Bhiri. “Das sind terroristische Gruppen, die keine Macht haben, sie stehen isoliert in der Gesellschaft“, so Bhiri.

Radical Islam demonstrators react, one carrying a flag reading "There is only one God, Prophet Mahomet is his messanger" during a demonstration in Tunis, Friday, Oct. 14, 2011. Tunisian police have used tear gas to disperse thousands of people protesting in the capital over the broadcast of a film they deemed blasphemous. Tunisia's first fair elections in its modern history are just a week away and are expected to see stiff competition between Islamist and more secular candidates.(Foto:Amine Landoulsi/AP/dapd)
Radikal-islamistische Demonstranten in Tunis protestieren gegen den Film PersepolisBild: dapd

Nach Expertenmeinung leben schätzungsweise 10.000 Salafisten in Tunesien. Sie teilen sich in mehrere Lager: Einigen geht es lediglich um die Religion, andere sind Politiker und wieder andere sind Dschihadisten, die der Ansicht sind, Gewalt sei ein legitimes Mittel, um ihren Glauben zu verbreiten.

Da die aktuellen Anschläge an mehreren Städten des Landes gleichzeitig stattfanden, geht die Regierung davon aus, dass es sich um ein organisiertes Verbrechen handelt. Dahinter vermutet sie entweder Al-Qaida oder Anhänger des ehemaligen Präsidenten Zine el-Abidine Ben Ali, die das Land destabilisieren wollen, um an die Macht zu kommen.

Regierung distanziert sich von Dschihadisten

Die moderate tunesische Regierung wehrt sich gegen die radikalen Islamisten, unter anderem indem sie die Imame des Landes dazu aufgefordert hat, junge Tunesier nicht mehr zum Dschihad in Syrien aufzurufen. Syrien benötige politische Hilfe und keine Dschihadisten, erklärte ein Sprecher der Übergangsregierung in Tunis. Aus einem Brief, den Syrien im vergangenen Monat an die Vereinten Nationen schickte, geht hervor, dass von 26 in Syrien festgenommenen Kämpfern 19 aus Tunesien stammten.

nem/SC (ap, afp, rtr, dapd)