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Samuel Youn - Bayreuths neuer Holländer

25. Juli 2012

Auf dem Grünen Hügel wird der rote Teppich ausgerollt: Die Richard-Wagner-Festspiele beginnen überschattet vom Eklat über die erzwungene Umbesetzung der Titelpartie mit einer Neuinszenierung des "Fliegenden Holländers".

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Samuel Youn in Bayreuth (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Die Rolle des gespenstischen Seemanns, der über die Weltmeere segelt und nur alle sieben Jahre an Land darf, singt in der Inszenierung der Oper "Der Fliegende Holländer" von Christian Thielemann nun der südkoreanische Bassbariton Samuel Youn - ursprünglich die Zweitbesetzung. Jetzt wird mit Spannung erwartet, wie sich Youn (Artikelbild) als "Fliegender Holländer" schlägt. Er war in Bayreuth bislang von 2004 an in kleineren Rollen vertreten, als Holländer hat er nun eine große, unverhoffte Chance bekommen.

Bei der Generalprobe konnte er die Verantwortlichen überzeugen. Die Partie sang er bereits an der Oper Köln, wo er Ensemblemitglied ist. Youn studierte Gesang in Seoul, Mailand und an der Musikhochschule Köln. Zum Auftakt der Richard-Wagner-Festspiele an diesem Mittwoch hat sich- wie jedes Jahr – viel Prominenz aus Politik, Gesellschaft und Wirtschaft angesagt.

Eklat schon vor der Premiere

Der russische Bassbariton Evgeny Nikitin, eigentlich für die Rolle gesetzt, sagte auf Druck der Festspielleitung vier Tage vor der Premiere seinen Auftritt bei den Bayreuther Festspielen ab, nachdem bekanntgeworden war, dass er sich in seiner Jugend als Mitglied einer Heavy-Metal-Band Tätowierungen mit nationalsozialistischen Zeichen auf den Oberkörper stechen ließ.

Eugen Nikitin (Foto: dpa)
Der verhinderte "Holländer": Eugen NikitinBild: Mariinsky Theater SPB

Nach dem erzwungenen Rückzug des Sängers Nikitins wegen der Nazi-Tattoos stehen die Wagner-Schwestern in der Kritik. Der Münchner Staatsopernintendant Nikolaus Bachler warf den beiden Festivalleiterinnen Katharina Wagner und Eva Wagner-Pasquier Verlogenheit vor. "Ich sehe in der Causa Nikitin zunächst mehr ein Problem Bayreuths und der Wagner-Familie als eines des Sängers", sagte Bachler. "Dass die Torheit eines 16-jährigen Rocksängers, der diese längst bereut und versucht hat, ungeschehen zu machen, ausgerechnet nun von der Wagner-Familie geahndet wird, finde ich verlogen."

Bachler warf den Halbschwestern vor, sie zeigten mit dem Finger auf jemanden anderen, "weil man mit der eigenen Geschichte ein Problem hat". Der heute 38-Jährige Sänger habe den Vorfall nicht nur bedauert, sondern auch Reue gezeigt. "Eine Reue, die ich von der Familie Wagner in den letzten 50 Jahren nie vernommen habe", sagte Bachler. "Das Ganze ist eine zutiefst unschöne Geschichte und zeigt, wie die Vergangenheit immer noch gegenwärtig ist."

Die Familie Wagner und  der Nationalsozialismus, das ist eine altbekanntes Thema, das immer wieder aufkommt. Der 1883 verstorbene Komponist Richard Wagner, der sich immer wieder antisemitisch geäußert hatte, war der Lieblingskomponist Adolf Hitlers. Winifred Wagner, die Frau von Wagners Sohn Siegfried, war eine enge persönliche Freundin Hitlers. Nach dem Tod ihres Mannes im Jahre 1930 übernahm sie die Leitung der Bayreuther Festspiele, die sie während der folgenden Jahre zu einer zentralen NS-Kultstätte machte.

qu/SC (dpa)