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San in Botsuana kämpfen ums Überleben

22. Juli 2010

Seit 30.000 Jahren leben die San in der Kalahari. Als Jäger und Sammler könnten sie ein friedliches Leben führen. Doch Botsuanas Regierung verbietet ihnen das Jagen - mit verheerenden Folgen.

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Ein alter Mann sitzt vor seiner Hütte in D’kar (Foto: DW)
Armut und Gewalt prägen den Alltag der San in BotsuanaBild: K. Gänsler

Der Wind fegt um die kleinen Blechhütten, die am Rande von Ghanzi, einer Kleinstadt in Botsuana, stehen. Vor acht Jahren ist dort Keotlamang Olebogeng gestrandet. Ihr Vater verlor seine Arbeit auf einer Farm, und die Familie brauchte eine neue Bleibe. In Ghanzi-Township fand sie schließlich die winzige Unterkunft ohne Strom, Wasser und Toilette. Heute lebt die 25-Jährige noch immer dort und kämpft jeden Tag aufs Neue: "Das Überleben hier ist ein echtes Problem. Nur manchmal bekommen wir einen kleinen Job und verdienen so etwas Geld."

Das Einkommen reicht nicht zum Überleben

Xhwaa Qubi mit einem kleinen Familienmitglied (Foto: DW)
Xhwaa Qubi passt auf die jüngsten Familienmitglieder auf und fertigt Ketten anBild: K. Gänsler

Wenn es gut für die junge Mutter läuft, kann sie samstags für eine Familie in der Stadt die Wäsche erledigen. Dafür bekommt sie zwischen 40 und 60 Pula – umgerechnet gut vier bis sechs Euro. Doch dieser Verdienst reicht nicht, um gleich neun Menschen zu ernähren. Denn gerade Botswana hat sich in den vergangenen Jahren zu einem Land mit mittlerem Einkommen entwickelt. Schon alleine ein Laib Brot kostet knapp einen Euro.

Auf Unterstützung vom Staat kann die junge Frau nicht setzen. Nur die Großtante, die ebenfalls mit im Haushalt lebt, erhielt eine kleine Rente. Doch die wurde längst eingestellt. Warum, das weiß Keotlamang Olebogeng nicht. Und es ist ihr auch egal, denn die Hoffnung auf ein besseres Leben hat sie aufgegeben. "An die Zukunft denke ich gar nicht. Das wird immer so bleiben", erzählt sie.

Familienbild aus Ghanzi (Foto: DW)
Die San müssen ohne festes Einkommen überlebenBild: K. Gänsler

Doch nicht nur Armut, sondern auch Gewalt gehört oft zum Alltag in der Township bei Ghanzi, die deshalb den Spitznahmen DRC – Demokratische Republik Kongo – trägt und an das bürgerkriegsgebeutelte Land in Zentralafrika erinnert. Doch nicht die Gewalt, sondern eine ganz andere Tatsache macht vielen Menschen hier zu schaffen: sie müssen an einem Ort leben. Und das obwohl die San ursprünglich Nomaden sind, deren Zuhause die Kalahari war. Daran denkt Xhwaa Qubi oft. Sie lebt auf einer Farm rund 40 Kilometer nördlich von Ghanzi und hat gelernt, sich anzupassen. Trotzdem vermisst sie viele Dinge, die früher zum Alltag gehörten, wie etwa das Jagen. "Das war einst so wichtig für uns, wir wollen doch selbst für unsere Nahrung aus der Natur sorgen."

Immer wieder Streit um die Kalahari

Keotlamang Olebogeng hält ihre Tochter auf dem Arm (Foto: DW)
Keotlamang Olebogeng freut sich über ihre kleine TochterBild: K. Gänsler

Ausgerechnet das Jagen wird jedoch regelmäßig zum Dilemma für die San in Botswana. Immer wieder werden sie in der Zentral-Kalahari bei der Jagd erwischt. Doch die Wüste, deren Ausläufer bis nach Namibia und Südafrika reichen, steht unter Naturschutz und ist nach dem Okavango-Delta im Norden das beliebteste Ausflugsziel für Touristen. Jagd auf wilde Tiere ist strengstens verboten – obwohl die San genau so jahrhundertelang überlebt haben. Xhwaa Qubi glaubt nicht, dass dieses ursprüngliche Leben für ihre Landsleute irgendwann wieder möglich sein wird und kommentiert das mit einem Schulterzucken. Immerhin überlebt die Mutter von vier Kindern auch ohne die Jagd. Dabei helfen ihr die kleinen Perlenketten, die sie fertigt. "Mit dem Gewinn kaufen wir Seife für unsere Kinder, die zur Schule gehen", berichtet sie.

Genau dafür macht sich Margret Mpati stark. Sie arbeitet für die "Permaculture Trust of Botswana", eine Nichtregierungsorganisation, die die San-Gemeinschaften unterstützt. Die neueste Idee ist, dass die Frauen der San kleine Läden aufbauen und ihren Schmuck zu fairen Preisen verkaufen. Allerdings, da ist sich Margret Mpati ganz sicher, kann es nicht darum gehen, dass die sogenannten Buschleute wieder in der Kalahari jagen und leben dürfen. Schließlich würde das ihre Lebensbedingungen nicht verbessern. Stattdessen sollen sie die gleichen Chancen und Möglichkeiten erhalten, wie alle Bürger in Botswana, so die Forderung der Menschenrechtlerin: "Die San sollten zur Schule gehen und lernen. Nur so können sie selbstständig werden."

Autorin: Katrin Gänsler

Redaktion: Stephanie Gebert