1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

"Verbale Radikalität"

Hao Gui10. Dezember 2015

Nordkorea kann nach den Worten von Machthaber Kim Jong Un nicht nur Atombomben bauen, sondern auch erheblich stärkere Wasserstoffbomben. Experten wie Eberhard Sandschneider sind jedoch skeptisch.

https://p.dw.com/p/1HLJ9
Möglicher Tunnel für Nukleartests in Nordkorea (Foto: AP)
Bild: picture-alliance/AP Photo/Airbus DS/CNES

Deutsche Welle: Herr Professor Sandschneider, wie glaubwürdig ist die Meldung über den Besitz einer Wasserstoffbombe?

Eberhard Sandschneider: Das lässt sich von außen wirklich schwer einschätzen. Offensichtlich sind sich die westlichen und die sonst involvierten Geheimdienste nicht sicher, ob die Meldung der Realität entspricht, ob Nordkorea die technologischen Fähigkeiten dafür hat. Man kann vermuten, dass Nordkoreas Diktator auf den Busch klopft, also einfach behauptet, Dinge zu haben, die der Realität nicht entsprechen, um Drohpotenzial aufzubauen.

Prof. Dr. Eberhard Sandschneider (Foto: DGAP/dapd)
Prof. Dr. Eberhard SandschneiderBild: DGAP/dapd

Verfügt Nordkorea über entsprechende Technologien?

Darüber rätseln alle: Besteht schon ein funktionierendes Trägersystem? Auf welchem Niveau ist die Technologie jetzt? Funktioniert sie auch tatsächlich? Ist sie schon waffenfähig? All diese Themen sind Gegenstand wilder internationaler Spekulationen. Aber niemand weiß es genau.

Nordkorea will mit der nuklearen Aufrüstung seine "Feinde" wie die USA abschrecken. Ist diese Denkweise heutzutage noch zeitgemäß?

Der Hintergedanke - und das kann man an der nordkoreanischen Außenpolitik in den vergangenen Jahren ablesen - ist der, ein mögliches Abschreckungspotenzial gegen befürchtete militärische Aktionen seitens der USA aufzubauen.

Abschreckungspotenzial hat immer eine sachliche und eine verbale Basis. Bei Nordkorea ist es ausgesprochen schwierig, die Grenze zu ziehen, was verbales Drohverhalten und was reale Politik ist. Das können nur die Geheimdienste belastbar eruieren. Aus der Außenbeobachtung und aus den nordkoreanischen Selbstdarstellungen kann man es nicht einschätzen.

Nordkorea Kim Jong Un zu Besuch in Phyongchon
Nordkoreas Diktator Kim Jong UnBild: Reuters/KCNA

Hat China als der engste Verbündete die Kontrolle über Nordkorea verloren?

Aus den chinesischen Reaktionen über die letzten Monate kann man ersehen, dass man in Peking auch nicht immer - um es vorsichtig auszudrücken - glücklich über das Verhalten der nordkoreanischen Regierung ist. Auch China ist immer wieder überrascht worden.

China hat deutliche Worte an die Adresse in Pjöngjang gerichtet. Selbstverständlich ist es nicht im Interesse Chinas, durch die nukleare Aufrüstung Nordkoreas in ein nukleares Wettrüsten in der ostasiatischen Region zu geraten. Neben der chinesischen wird auch die südkoreanische, die japanische und schließlich auch die amerikanische Reaktion nachgefragt. China möchte das Konfliktverhalten vermeiden und die verbale Radikalität aus Nordkorea möglichst zu minimieren.

Dr. Eberhard Sandschneider ist Direktor des Forschungsinstituts der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP)Seit 1998 hat er den Lehrstuhl für Politik Chinas und Internationale Beziehungen an der Freien Universität Berlin inne.