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Sarajewo auf der Tagesordnung des Europaparlaments

2. März 2006

Bosnien hat erste Schritte zur Annäherung an die EU getan. Doch die EU will weitere konkrete Veränderungen, vor allem eine Verfassungsreform.

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EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn legt Bericht über Lage auf dem Westbalkan vorBild: dpa

Eine Woche nach seiner Tournee durch die Hauptstädte Südosteuropas hat EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn die Mitglieder des Außenpolitischen Ausschusses des Europäischen Parlaments über die Lage dort informiert. "Der Sinn der Reise war, dass die Länder und Völker des Westbalkan eine konkrete europäische Perspektive haben. Unsere Botschaft, die EU-Kommissionspräsident Barroso in allen Städten der Region betonte, ist, dass wir die langfristige Mitgliedsperspektive für jedes Land in der Region ermutigen und bestätigen wollten, in dem Moment, wenn sie die strengen Kriterien erfüllen und Fortschritte im Beitrittsprozess erzielen. Unsere Botschaft ist in der gesamten Region angenommen worden", sagte Olli Rehn am Donnerstag (23.2.) vor dem Außenpolitischen Ausschuss des Europäischen Parlaments. Die Botschaft sei auch in Bosnien-Herzegowina angekommen. Rehn betonte ferner: "Wir brauchen einen Partner – einen Staat, der vollends funktioniert und in der Lage ist, die Verpflichtungen aus dem Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen zu erfüllen."

Kritik an Zusammenarbeit mit US-Organisation

Die Vorsitzende der Südosteuropa-Delegation des Europäischen Parlaments, Doris Pack, griff das Thema Verfassungsreform in Bosnien-Herzegowina auf. "Für uns war es unbegreiflich, dass eine amerikanische Nicht-Regierungsorganisation auf einmal Gespräche in Bosnien-Herzegowina über eine Verfassungsreform aufnimmt. Wir Europäer waren in der Rolle eines Beobachters. So geht das nicht. In Bosnien-Herzegowina haben wir unseren Hohen Repräsentanten, wir sind am zahlreichsten in Bosnien-Herzegowina vertreten - und wenn wir schon nicht Verhandlungen leiten können, sollten wir wenigsten einbezogen werden", so Pack. Sie hofft, dass die EU gemeinsam mit dem neuen Hohen Repräsentanten, Christian Schwarz-Schilling, die Verhandlungen verfolgen und dazu anspornen wird, in der Verfassungsreform einen Schritt weiter zu gehen.

Quid pro Quo

Rehn wies darauf hin, dass die Kommission vergangenes Jahr in ihrer Machbarkeitsstudie für Bosnien-Herzegowina 16 Bereiche als Prioritäten bestimmt habe. Davon seien zwei besonders wichtig – die Reform der Polizei und der Gesetzgebung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Damals habe die Kommission sehr eindeutig erklärt, wenn Bosnien-Herzegowina Fortschritte in diesen beiden kritischen Reformen und bedeutende Fortschritte in der Zusammenarbeit mit dem UN-Kriegsverbrechertribunal erziele, würde die EU die Verhandlungen über das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen (SAA) aufnehmen. "Dies haben wir getan, und wir bedauern es auch nicht," sagte Rehn.

Kein angemessener Verfassungsrahmen

Auf die Frage der EU-Parlamentarierin Angelika Beer, ob der Erweiterungskommissar die Verhandlungen mit Bosnien-Herzegowina über das SAA an das Funktionieren des Staates und eine Verfassungsreform binde, sagte Rehn: "Wir befinden uns nun in einer neuen Phase und müssen mit der Tatsache fertig werden, dass das Dayton-Friedensabkommen den Krieg beendete. Allerdings hat es das Land nicht mit einem angemessenen Verfassungsrahmen ausgestattet. Nun ist es an den Bürgern und politischen Parteien sowie der politischen Führung von Bosnien-Herzegowina, eine effiziente Verfassung zu schaffen. Die internationale Gemeinschaft, natürlich einschließlich der EU muss bei diesem Prozess helfen", so Rehn. Das Ergebnis müsse ein Konsens sein.

Als indes Rehn seinen Bericht den EU-Außenministern am Montag (27.2.) vortrug, drohten diese Bosnien-Herzegowina, aber auch Serbien-Montenegro mit dem Abbruch der Verhandlungen wegen unzureichender Zusammenarbeit mit dem UN-Kriegsverbrechertribunal. Beide Länder, so die EU-Außenminister, müssten entschiedene Maßnahmen und Schritte unternehmen, um die flüchtigen Angeklagten vor dem Tribunal – insbesondere Radovan Karadzic und Ratko Mladic – zu fassen.

Alen Legovic, Brüssel
DW-RADIO/Bosnisch, 27.2.2006, Fokus Ost-Südost