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Perfekte Strategie

Matthias Klein10. Juni 2007

Der neue französische Präsident Sarkozy steht bei den Parlamentswahlen offenbar vor einem großen Sieg: Seine Partei UMP liegt laut aktuellen Prognosen weit vorne. Sarkozy hat anscheinend alles richtig gemacht.

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Frau mit Baguette auf dem Weg zur Wahlurne
Und schon wieder dürfen die Franzosen wählenBild: AP
Nicolas Sarkozy
Nicolas Sarkozy steht bei den Parlamentswahlen vor seinem nächsten SiegBild: picture-alliance/ dpa

Der vor kurzem gewählte französische Präsident Nicolas Sarkozy macht richtig Tempo. Die 35-Stunden-Woche will er aufweichen, Überstunden steuerlich freistellen oder Häuslebauer und Wohnungskäufer besser stellen: Fast täglich setzt Sarkozy politisch neue Akzente. Sein Premierminister François Fillon spricht von einem neuen Stil nach Art eines Formel-Eins-Rennfahrers: "Er bremst nie."

Sarkozys Logik ist bestechend einfach, und die meisten Franzosen sehen das auch so: Er wurde in den Élysée-Palast gewählt, um über den von ihm propagierten "Bruch" mit der Vergangenheit dringende Reformen auf den Weg zu bringen. Sein Tempo dabei begeistert die Franzosen: 65 Prozent zeigten sich in einer Umfrage mit dem Präsidenten zufrieden. Das sind zwölf Prozentpunkte mehr, als ihn am 6. Mai gewählt haben.

Geschickte Strategie

Frank Baasner vom Deutsch-Franzoesischen Institut
Frank Baasner vom Deutsch-Franzoesischen Institut (dfi)Bild: dfi

Die Strategie des neuen Präsidenten sei geschickt, erklärt Frank Baasner, Direktor des Deutsch-Französischen Instituts Ludwigsburg (dfi). Neben seiner Geschwindigkeit zahlten sich ungewöhnliche Maßnahmen wie zum Beispiel die Berufung von Ministern aus den Reihen anderer Parteien aus. Die Wähler bekämen das Gefühl, es bewege sich endlich etwas: "Das sind psychologische Aspekte, die im Moment eine sehr große Rolle spielen." Das Macher-Image kommt an.

Deshalb steht Sarkozy bei den Parlamentswahlen am 10. und 17. Juni vor einem überzeugenden Sieg. Nach aktuellen Umfragen soll seine Partei Union für eine Volksbewegung (UMP) mit ihren Verbündeten laut Prognosen zwischen 401 und 450 der insgesamt 577 Sitze für die Legislaturperiode bis 2012 bekommen - das wäre eine satte Mehrheit. Sarkozy würde dies alle Möglichkeiten zur Umsetzung seiner Reformpläne geben.

Direkte Einmischung in den Wahlkampf

Das Engagement lohnt sich. Auch in den Wahlkampf hat sich Sarkozy direkt eingemischt. "Französinnen, Franzosen, ich bitte um die Mehrheit, die ich brauche, um zu regieren und um die dem Volk gemachten Versprechen einzulösen", sagte Sarkozy auf einer Veranstaltung der Regierungspartei UMP in Le Havre.

Und das zahlt sich aus: Trotz der angekündigten Einschnitte stehen die Franzosen mit großer Mehrheit hinter den geplanten Reformen. 73 Prozent wünschen sich laut der Wirtschaftszeitung "Les Echos" eine schnelle Verabschiedung des Projektes, Zinsen auf Hypothekenkredite zum Teil steuerlich absetzbar zu machen.

Sozialisten in schwieriger Situation

Ségolène Royal
Frankreichs Sozialisten um Ségolène Royal stehen vor einer NiederlageBild: AP

Während Sarkozy also momentan von einer Welle des Erfolgs getragen wird, sieht es bei seinem politischen Gegner ganz anders aus. An dem Makel der Niederlage Ségolène Royals bei der Präsidentschaftswahl haben die Linken schwer zu tragen. Nach Royals Misserfolg brauchte die Sozialistische Partei (PS) quälend lange, um die Reihen nach einer Phase der Selbstzerfleischung zu schließen. Als stärkste Oppositionsfraktion kämen sie laut Umfragen nur noch auf 90 bis 142 Mandate. Das wären mindestens sieben weniger als heute.

Intern ist vieles nach wie vor nicht geklärt. Die Diskussion um den Posten des Generalsekretärs und auch um einen Präsidentschaftskandidaten für die nächste Wahl 2012 hat schon begonnen. "Nach der Wahl werden einige Akteure die Messer aus den Etuis holen", erwartet Baasner einen offenen Machtkampf.

Die Zeiten der strahlenden Hoffnungsträgerin Royal scheinen schon wieder zu Ende zu sein. "Es fehlt an erneuertem Personal", analysiert Baasner. "Wenn die Sozialisten die Schwierigkeiten nicht gut lösen, kann die Partei daran zerbrechen."

Sarkozy vor großen Aufgaben nach der Wahl

Mit solchen Sorgen braucht sich Sarkozy momentan nicht herumzuschlagen. Zur Nagelprobe für ihn werden aber die großen Reformen nach der Wahl werden. Ob die Weiterführung der Rentenreform, die Abschaffung der Sonderrechte in den großen Staatsbetrieben oder die Organisation des Streikwesens: Der Präsident steht vor schweren Aufgaben.

Diese "sozial sensiblen" Themen seien die Knackpunkte für den weiteren Verlauf seiner Amtszeit, erklärt Baasner. Ob Nicolas Sarkozy wohl auch bei der Umsetzung dieser Reformen seine hohe Popularität behalten wird?