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Sarkozy will Annäherung an NATO

Silke Oekonomopulos2. April 2008

Der französische Präsident Nicolas Sarkozy will die NATO-Mission in Afghanistan stärken und somit auch die transatlantischen Beziehungen seines Landes. Ziel sei, dass Europa den USA als starker Partner zur Seite steht.

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Bald sollen mehr französischen Soldaten in Afghanistan stationiert werden.Bild: AP

Auf dem derzeitigen NATO-Gifpel in Bukarest beraten die Nato-Partner auch über eine wieder 100-prozentige Integration Frankreichs in die Nato. Für Frankreich würde dies das Ende seiner Sonderrolle in der Nordatlantischen Allianz bedeuten.

Frankreich und die NATO: Sarkozy plante weit im Voraus

Bereits im vergangenen Herbst ging Präsident Nicolas Sarkozy in die Offensive: Sein Land wolle vollständig in die militärischen Strukturen der Nato zurückkehren, kündigte er in einem Interview mit der New York Times an. Zwei Bedingungen schickte er sogleich hinterher: Die EU solle mehr Verantwortung übernehmen und neben Washington als starker, gleichberechtigter Partner auftreten. Außerdem forderte Sarkozy, dass Frankreich auf höchster NATO-Führungsebene vertreten sein soll.

Der Verteidigungsminister Hervé Morin erklärte bereits im vergangenen September die Hintergründe dieser Entscheidung: "Wir sind zwar NATO-Musterschüler, was die finanzielle Beteiligung und die Bereitstellung von Truppen angeht, aber wir werden als diejenigen wahrgenommen, die zu oft nörgeln und die anderen hinhalten." Frankreich ziehe nicht allen Nutzen aus seiner Stellung innerhalb der Nato.

Ambivalente Beziehung zur NATO

Das Verhältnis zwischen Frankreich und dem nordatlantischen Bündnis ist widersprüchlich. Französische Soldaten nehmen an allen Operationen der NATO teil – mit 5000 Soldaten gehört Frankreich zu den größten Truppenstellern der Allianz. Paris ist in allen politischen Gremien vertreten, außer in der kollektiven Verteidigungsplanung, die sicherstellt, dass die Nato über ausreichend Streitkräfte und die nötigen Mittel verfügt.

Frankreich verließ die militärische Integration der Nato bereits 1966 unter Präsident Charles de Gaulle. Er sah in der Allianz ein Instrument amerikanischer Interessen und wollte die neue Nuklearstrategie nicht mittragen. Frankreich setzte auf die nukleare Abschreckung und baute in den kommenden Jahrzehnten eine autonome Verteidigungspolitik auf.

Die französische NATO-Integration soll ganz Europa stärken

(AP Photo/Ron Edmonds)
Sarkozy will die transatlantischen Beziehungen mit den USA weiter ausbauen.Bild: AP

Die Linie von de Gaulle will die französische Regierung nun korrigieren. Zwischen der Nato und der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik gebe es keine Konkurrenz, sie ergänzen sich, ist auf der Website des französischen Verteidigungsministeriums zu lesen. Ganz neu ist diese Haltung indes nicht. Sarkozys Vorgänger, Präsident Jacques Chirac, unternahm zu Beginn seiner Amtszeit Mitte der 1990er Jahre den Versuch, in die militärische Integration der Nato zurückzukehren. Aber seine Forderung, das strategisch wichtige regionale Hauptquartier für Südeuropa und das Mittelmeer unter französischen Oberbefehl zu stellen, ging seinem US-Kollegen Bill Clinton entschieden zu weit.

Auch heute beharre Paris auf prestigeträchtigen Kommandoposten, doch unter veränderten Vorzeichen, sagt Jolyon Howorth, Professor an der Universität von Yale und Forschungsmitarbeiter am Pariser Institut für Internationale Beziehungen. "Europa ist mit Hilfe seiner europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik in strategischer Hinsicht ein Akteur auf der Weltbühne geworden." Noch sei Europa ist keine große Militärmacht, aber Sarkozy wünsche sich, dass Europa seine Verteidigung ernster nehme – im Hinblick auf die militärischen Kapazitäten und die Fähigkeit, Soldaten in weiter entfernte Gebiete zu entsenden.

Eine neue Liaison mit den USA

Eine Aufwertung Europas in der Verteidigung innerhalb der Nato wird von den europäischen Staaten durchaus begrüßt. Washington begegnet dem Vorschlag jedoch mit gemischten Gefühlen. Howorth meint, dass sich diese Haltung nach den US-amerikanischen Präsidentschaftswahlen durchaus ändern könne. "Mit einer Regierung der Demokraten in den USA stehen die Chancen besser, dass man eine euro-amerikanische Partnerschaft ernster nimmt. Man darf aber nicht annehmen, dass die Beziehungen zwischen den USA und Europa wieder den Charakter der 1980er oder 1990er Jahre annehmen. Das ist vorbei."

Paris sieht die NATO als rein militärisches Bündnis ohne politische Verantwortlichkeit. Einsätze wie in Afghanistan, die über die eigentlichen Aufgaben der Allianz hinausgehen, sollen die Ausnahme bleiben. Frankreich bleibt auch nach der Rückkehr in die Kommandostruktur der NATO ein unbequemer Partner. Automatische Bündnistreue, wie sie die USA von Großbritannien kennen, wird es mit Paris nicht geben.